Bundesregierung trickst beim Gentechnikrecht

Die EU-Kommission hat ihre Entscheidung darüber, ob neue Züchtungsmethoden wie beispielsweise Crispr-Cas, als gentechnische Verfahren eingestuft werden sollen, was die gentechnikkritische Bewegung nachdrücklich fordert, bis auf weiteres verschoben. Ganz anders die Bundesregierung, die offenbar an einer schnellen Möglichkeit interessiert ist derartigen Verfahren einen Weg auf den deutschen Markt und Felder zu eröffnen. Offenbar erst kurz vor der Abstimmung im Kabinett wurde der Gesetzentwurf zur Änderung des Gentechnikrechts nochmals verändert. In der Bergündung wird nun Raum geschaffen, der zum Türöffner für neue Züchtungstechniken werden könnte. In „Einzelfallprüfungen“ wie im Fall des CIBUS-Raps könnten dann nationale Forschungseinrichtungen beurteilen ob das verwendete Verfahren und damit das Inverkehrbringen des Saatguts und der Pflanzen nach dem Gentechnikrecht zu beurteilen sind oder nicht. Um dies zu ermöglichen übernimmt die Bundesregierung einen Begriff aus dem Repertoire der chemischen Industrie und stellt dem im EU-Gentechnik- und Umweltrecht verankerten Vorsorgeprinzip ein „Innovationsprinzip“ an die Seite. Der Zweck: das Vorsorgeprinzip aushebeln bzw. durch das „Innovationsprinzip“ wenigstens zu neutralisieren. Damit können Vorsorge und Schutz von Mensch und Umwelt gegen wirtschaftliche Interessen bzw. das Versprechen auf zukünftigen Profit, technischen Vorsprung, Wettbewerb, Standort Deutschland etc. ausgespielt werden, oder wie die Gentech-Industrie sagen würde: abgewogen werden. Neben dieser schleichenden Abkehr vom Vorsorgeprinzip findet ein weiterer Wandel statt: ein Verlagerung von der Prozesskontrolle (Ausgangsfrage: Wie wurde ein Produkt erzeugt, welcher Prozess liegt ihm zugrunde?) zur Produktkontrolle (Wie sieht das Produkt aus, welche Eigenschaften hat es?). Damit wird ein zweites Grundprinzip des Gentechnikrechts stückweise unterhöhlt. Diese Logik hat auch in den Entwurf des GenTG Eingang gefunden. Hintergrund: Bei einigen Neuen Gentechniken lässt sich die gentechnische Veränderung nicht im Endprodukt nachweisen; deshalb handele es sich nicht um Gentechnik und müsse auch nicht reguliert werden.
08.11.2016
Von: mn