Kein Gentechnikweizen in Gatersleben

Schadensersatzklage endgültig abgewiesen

Vor neun Jahren machten sechs junge Menschen mit ihrer spektakulären Aktion auf die fahrlässige Freisetzung von gentechnisch verändertem Weizen in der Genbank Gatersleben aufmerksam. Jetzt ist die gegen sie erhobene Schadensersatzklage des Instituts für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) Gatersleben endgültig abgewiesen worden. Es war einer jener Freisetzungsversuche, bei dem man sich im Nachhinein fragt, weshalb man, selbst wenn man den Einsatz gentechnischer Methoden befürwortet, derart ignorant und leichtsinnig agieren muss. Auf dem Gelände des IPK, wo seit über 100 Jahren gesammelte Weizensorten konserviert und zum Erhalt angebaut werden, fand 2008 eine Freisetzung von gentechnisch verändertem Weizen statt. Es war diese Gefährdung, die mögliche, ja wahrscheinliche Kontamination von alten, für zukünftige Züchtungen aber notwendigen Sorten, die sechs junge Menschen dazu brachte, nachts mit Unkrauthacken den Gentechnikweizenversuch unschädlich zu machen. In den folgenden zahlreichen Verhandlungen vor dem Amtsgericht Aschersleben und dem Landgericht Magdeburg wurden die Aktivisten zu geringeren Geldstrafen wegen Sachbeschädigung verurteilt. Drei der sechs Aktivisten gingen in Revision beim OLG Naumburg, Nachdem das OLG Fehler des Urteils des Landgerichts feststellte, wurden die Strafverfahren vom Landgericht Magdeburg auf Staatskosten eingestellt. Parallel lief ein Schadensersatzverfahren, bei dem das IPK Gatersleben ursprünglich 240.000 Euro forderte; so viel würde es kosten, den Versuch zu wiederholen. Seit Anfang September ist nun auch die Abweisung der Berufung endgültig. Zur Abweisung der Schadensersatzklage als offensichtlich unbegründet führte eine Rechtsanwältin der Feldbefreier, Katrin Brockmann, aus: „Im Laufe des Prozesses bestätigten sich nicht nur die vorher geltend gemachten Risiken für die Pflanzen der Genbank. Es wurde noch dazu deutlich, dass diese mit vielen Steuergeldern subventionierte Freisetzung ein schlecht geplanter Versuch war, dessen Durchführung zu wünschen übrig ließ und dessen Auswertung schon im ersten Jahr nicht antragsgemäß erfolgte. Letztendlich konnte das IPK Gatersleben, trotz der ihnen in den ersten Jahren zunächst sehr gewogenen Richtern, im Prozess nicht nachweisen, dass der Freisetzungsversuch [durch die Feldzerstörung] nicht auswertbar war.“ Erfreut zeigt sich auch Feldbefreier C. P. über den Urteilsspruch, macht aber gleichzeitig auf die Bedrohungen durch die Einführung neuer Techniken der Genmanipulation aufmerksam: „Dass diesem ökologischen Erfolg auch juristische Siege folgen, zeigt, dass die Agrogentechnikindustrie sich hier nicht durchsetzen konnte. Wenn sie nun versuchen, das Gentechnikgesetz durch den Einsatz neuer gentechnischer Verfahren zu umgehen, werden sie auch zukünftig den Widerstand der Zivilgesellschaft zu spüren bekommen.“ Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft hat den Freisetzungsversuch von Gentechnikweizen in der Wiege des Saatguts von Anfang an kritisch begleitet. „Wir haben 30.000 Einwände gegen den Versuch organisiert, aus der Zivilgesellschaft, von Bäuerinnen und Bauern, Bäckern, Ärzten, Umweltverbänden. Selbst eine Klage hat den Freisetzungsversuch nicht aufhalten können“, so Annemarie Volling vom Netzwerk gentechnikfreie Regionen der AbL. „ Mögliche Kontaminationen wertvoller Weizenressourcen wurden billigend in Kauf genommen. Wenn die Zivilgesellschaft so arrogant ignoriert wird, darf man sich nicht wundern, dass hier aus Notwehr Hand angelegt wurde. Wir als Zivilgesellschaft werden auch in Zukunft wachsam sein und darauf achten müssen, dass unsere Lebens- und Futtermittel frei von Gentechnik bleiben.“ In der Broschüre: „Risiken und Nebenwirkungen“ wird ausführlich über die Freisetzung des Gentechnikweizens in Gatersleben und über Hintergründe aus den Prozessakten berichtet. Zu finden unter www.abl-ev.de/publikationen/.

27.09.2017
Von: mn

Nur gemeinsam werden alle satt