Heimische Futtermittel als zukunftsfähiges Landwirtschaftsmodell

Experten aus Entwicklungspolitik, Landwirtschaft und Handel in der Debatte

Hamm, 4. Juni 2013. „Der intensive Einsatz importierter Eiweißfuttermittel für die exportorientierte Erzeugung von Fleisch und Milch bringt regionale und globale Probleme mit sich und verschärft die Hungersituation“, stellten Experten auf dem ersten Futtermitteltag der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL e.V.) und der Entwicklungs- und Umweltorganisation Germanwatch fest.

Tobias Reichert von Germanwatch: „Die exportorientierte industrialisierte Tierproduktion ist für den Löwenanteil der Treibhausgase aus der deutschen Landwirtschaft verantwortlich, wobei die Abholzung von Wäldern und Savannen für Sojaanbau eine wichtige Rolle spielt. Deshalb ist eine stärkere Verwendung heimischer Leguminosen ein Beitrag zum Klimaschutz.“

Die gesellschaftliche Diskussion über die Tierhaltung und die Ablehnung von Gentechnik in Lebensmitteln erfordert einen vermehrten Einsatz von heimischen Eiweißfuttermitteln. „Den Leguminosen wie Ackerbohnen, Erbsen, Lupinen oder Kleegras als natürliche Stickstoff-sammler kommt dabei eine besondere Bedeutung zu, weil sie wertvolle Eiweißfuttermittel sind und Fruchtfolgen bereichern“, so Christoph Dahlmann, Projektleiter des Eiweißfuttermittelprojektes der AbL NRW „Vom Acker in den Futtertrog“.

Friedrich Wilhelm Graefe zu Baringdorf, Bioland-Bauer und Vertreter der AbL betonte: „Wir benötigen eine sonnengestützte statt erdölgesteuerte Zukunftslandwirtschaft. Leguminosen sind keine Nische des Ökolandbaus, sondern notwendige Voraussetzung für eine Ökologisierung der konventionellen Landwirtschaft. Ohne Leguminosen wären wir vor dem Erdöl verhungert – ohne Leguminosen werden wir nach dem Erdöl verhungern.“ Weiter führte er aus: Deswegen brauchen wir keine Eiweißpflanzenstrategie, sondern eine Leguminosenstrategie, weil die Erzeugung von Raps viel Energie in Form von synthetischen Stickstoff benötigt. Dieser ist bei einem vermehrten Leguminosenanbau durch deren Fähigkeit der Luststickstofffixierung quasi gratis.

Thomas Schmidt, vom Verband der Ölsaatverarbeitenden Industrie in Deutschland (OVID) stellte fest, dass Rapsextraktionsschrot mit mehr als 3,5 Millionen Tonnen in der Fütterung einen erheblichen Anteil zur Schließung der sogenannten Eiweißlücke von aktuell etwa 70 Prozent beiträgt. In der arbeitsteiligen Welt sieht er aus Kostengründen nur eingeschränkte Alternativen bei der hohen Produktionsintensität in der Tierhaltung.

Friedrich Ostendorff, Agrarpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, unterstrich, dass eben diese intensive Produktion weder bei der Erzeugung von Soja in Übersee noch in der hiesigen Verwertung nachhaltig sei und nicht den Vorstellungen weiter Teile der Gesellschaft entspreche. Eine Umkehr von diesem exportorientierten Modell sei daher geboten.

Bei der Umsetzung der europäischen Agrarreform gehören die Stärkung der einheimischen Futtermittelerzeugung und der Leguminosenanbau auf die agrarpolitische Tagesordnung. Statt wolkenreichen Ankündigungen der Bundesregierung zu Eiweißstrategien könnte Bundeslandwirtschaftsministerin Aigner den Leguminosenanbau bei den Umweltmaßnahmen der Agrarreform fest installieren und schon jetzt eine wirksame Unterstützung für Züchtung, Forschung, Anbau, Verwertung und Handel leisten.

Kontakt

Christoph Dahlmann, AbL NRW, Projektleiter: „Vom Acker in den Futtertrog“, Telefon: 02381-9053170, dahlmann[at]abl-ev.de, www.Vom-Acker-in-den-Futtertrog.de

04.06.2013
Von: Pressemitteilungen