Berlin beschließt: Kein Greening auf dem Acker

Grünland-Umwandlung nur noch mit Genehmigung, keine Wirkung auf dem Acker

Mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD bei Enthaltung der LINKEN und gegen die Stimmen der GRÜNEN hat der Deutsche Bundestag am 22. Mai das Gesetz zur Durchführung der EU-Direktzahlungen in Deutschland beschlossen. Der Bundesrat hat am 13. Juni die letzte Gelegenheit, zu diesem nicht zustimmungspflichtigen Gesetz den Vermittlungsausschuss anzurufen. Dazu wird es aber nicht kommen, denn sowohl die Agrar- als auch die Umweltminister/innen der Bundesländer haben in den entsprechenden Ausschüssen des Bundesrates einstimmig dafür gestimmt, das Gesetz durchzuwinken. Damit steht nun bis auf einige Details fest, wie ab dem 1. Januar 2015 das Greening in Deutschland umgesetzt wird. Dieses Greening galt als ein Herzstück der aktuellen EU-Agrarreform; damit sollten die Direktzahlungen aus der Brüsseler Kasse an einige ökologische Mindeststandards gebunden und somit gegenüber den Steuerzahlern gerechtfertigt werden. In Deutschland wird daraus wohl nichts. Vorrang für was? Auf den ökologischen Vorrangflächen, die nach der Brüsseler Vorgabe alle Betriebe mit wenigstens 15 Hektar Ackerfläche im Umfang von fünf Prozent ihrer Ackerflächen im Umweltinteresse nutzen und ausweisen müssen, wird der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und Düngemitteln nur auf dem Papier etwas eingeschränkt; für die Praxis ist das ohne Belang: Das Gesetz schließt die Spritze und die Ausbringung von mineralischem Stickstoffdünger allein bei Zwischenfrüchten und Untersaaten, und hier auch nur für die Zeit zwischen Ernte der Vorfrucht und dem 31. Dezember des Antragsjahres, aus. In dieser Zeit wird aber ohnehin nicht gespritzt, sondern der Einsatz von Herbiziden findet im nächsten Frühjahr vor der Einsaat der Folgekultur statt. Und gedüngt wird im Herbst nicht mit Mineraldünger, sondern mit Gülle, das bleibt auch auf diesen „ökologischen Vorrangflächen“ ohne Einschränkung zulässig. Friedrich Ostendorff, Bundestagsabgeordneter der GRÜNEN, sagte in der Bundestagsdebatte: „CDU/CSU und SPD schlagen als Flächennutzung im Umweltinteresse allen Ernstes vor: Der Landwirt baut Mais mit Untersaat an, düngt diese Untersaat, die sogenannte ökologische Vor­rangfläche nach der Maisernte mit Gülle, spritzt die Untersaat im Frühjahr mit dem Totalherbizid Roundup tot und baut dann wieder Mais an. Dafür soll der Landwirt weiterhin 300 Euro pro Hektar von der Gesellschaft be­kommen! Was glauben Sie denn, wie lange das noch gutgeht?“ Der agrarpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Franz-Josef Holzenkamp, entgegnete ihm im Plenum mit der Behauptung, das sei „schlichtweg die Unwahrheit“. – Die Praktiker werden zeigen, wer Recht behält. Als ökologische Vorrangfläche werden (neben weiteren) auch Leguminosenflächen anerkannt. Hier gibt es im Gesetz keine Einschränkung von Pflanzenschutz, und sogar eine „Startdüngung“ hat es in den Gesetzestext geschafft: Eine „Startdüngung und Pflanzenschutz nach guter fachlicher Praxis“ müssen zulässig bleiben auch für den Fall, dass in einer noch ausstehenden Bundesverordnung noch Details zu den ökologischen Vorrangflächen festgelegt werden. Auch wenn die Leguminosen auf EU-Ebene mit einem günstigeren Gewichtungsfaktor (0,7, d.h. 1 ha Leguminosen deckt 0,7 ha Vorrangfläche ab) ausgestattet worden sind als die Zwischenfrüchte (0,3), wird sich durch die deutsche Auslegung der EU-Regeln bei den Zwischenfrüchten kein Schub für den Leguminosenanbau ergeben. Der heutige Umfang des Zwischenfruchtanbaus deckt laut bundeseigenem Thünen-Institut ohnehin schon rund 60 Prozent der für die Vorrangflächen erforderlichen Fläche ab. Zudem erkennt das Gesetz als ökologische Vorrangfläche ferner eine „Flächenart“ an, die bisher noch wenig Beachtung gefunden hat: „Streifen von beihilfefähigen Hektarflächen an Wald­rändern“. Was das ist bzw. was das nicht sein darf, dazu legt das Gesetz nichts fest – das wird der schon erwähnten Verordnung überlassen. Grünland Neben den ökologischen Vorrangflächen regelt das Gesetz auch die Umsetzung einer weiteren Brüsseler Greening-Vorgabe, nämlich die Verpflichtung, Dauergrünland zu erhalten. Dauergrünland sind vor allem Wiesen und Weiden, die mindestens fünf Jahre lang bestehen. Für die Unterkategorie „umweltsensibles Dauergrünland“, das nicht nur flächenscharf erhalten werden muss, sondern zudem auch nicht gepflügt werden darf, um etwa die Narbe zu erneuern, beschränkt das Gesetz die Kulisse auf die FFH-Gebiete. Damit gelten Gebiete, die nach der EU-Vogelschutzrichtlinie ausgewiesen sind, anders als im Gesetzentwurf nicht als umweltsensibel. Zudem ist im Gesetz die Möglichkeit gestrichen worden, in die Kulisse im Wege einer Verordnung weitere Standorte (z.B. Hochwassergebiete) aufzunehmen. Im Gegenzug hat die Umweltseite der SPD beim allgemeinen Dauergrünland-Erhalt eine erhebliche Verschärfung gegenüber dem Gesetzentwurf durchgesetzt. Nun bedarf ab dem 1.1.2015 jede Umwandlung einer Dauergrünland-Fläche in Nichtgrünland einer Genehmigung durch die zuständige Landesbehörde. Das gilt damit auch in den Bundesländern, in denen bisher kein landesweites Umbruchverbot bzw. keine Genehmigungspflicht besteht. Das Gesetz schreibt vor, dass eine beantragte Umwandlung u.a. dann zu genehmigen ist, wenn in der Prämienregion (Bundesland) eine andere Fläche in mindestens gleicher Größe als Dauergrünland angelegt wird. Ein Ausgleich auf betrieblicher Ebene ist damit nicht erforderlich, womit Dauergrünland regional verschoben, d.h. weiter aus ackerfähigen Regionen verschwinden wird. Außerdem ist eine beantragte Umwandlung etwa in Acker immer (also auch ohne Ausgleich) zu genehmigen, wenn es sich um Dauergrünland handelt, das „ab dem Jahr 2015 neu entstanden ist“. Die Genehmigungspflicht läuft damit mit der Zeit ins Leere. Das gilt umso mehr, als die Verpflichtung zur Wiedereinsaat von umgewandeltem Dauergrünland erst dann einsetzt, wenn der Anteil von Dauergrünland an der gesamten Antragsfläche im Bundesland (bzw. in der Prämienregion) gegenüber dem Referenzjahr 2012 um fünf Prozent abgenommen hat – oder wenn solche Verpflichtungen aus der bisherigen und bis 2016 verlängerten Cross-Compliance-Regelung bestehen. Franz-Josef Holzenkamp von der CDU sagte in der Bundestagsdebatte gleichwohl voraus: „Vor­handenes Grünland muss erhalten bleiben. Bei uns bleibt Grünland Grünland.“ Die EU-Verordnungen haben ein wirksameres Greening ermöglicht. Deutschland macht davon – wie auch bei der Verteilung der Direktzahlungen – bewusst keinen Gebrauch.
10.06.2014
Von: Ulrich Jasper, unabhängige Bauernstimme