Agrarindustrie versucht Bürgerbewegung und Bauern zu entmachten

TTIP sechste Runde: Verhandlungen hinter verschlossenen Türen verhindern öffentliche Debatte um zukunftsweisende und global gerechte Handelspolitik

Morgen endet die sechste Verhandlungsrunde der EU-Kommission und der USA, zum geplanten transatlantischen Freihandelsabkommen (TTIP). Die Türen für die europäischen und deutschen Politiker sowie für Bürger und Bauern sind nach wie vor verschlossen. Aber Industrie und Konzerne haben einen direkten Einfluss auf diese Verhandlungen.

„Auch die Agrarindustrie konnte im Vorfeld und kann auch während der Verhandlungen immer wieder ihre Anliegen und Interessen für den Landwirtschaftsbereich im EU-USA Handelsabkommen einbringen“, sagt Bernd Voß, Bundesvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL). „Das ist brandgefährlich, denn ihre Interessen sind konträr zu denen der Bürgerbewegung und denen der Bäuerinnen und Bauern. Sie fordern eine Lebensmittel- und Agrarpolitik, die auf Risikotechnologien verzichtet, Pestizide einspart und Bedingungen für die Tierhaltung verbessert. Die Agrarindustrie in Europa wie in den USA will aber dafür entsprechende Gesetze aushebeln oder in Zukunft noch industrienäher gestalten, um Schranken für ihre Marktinteressen aus dem Weg zu räumen.“

„Das viel diskutierte Chlorhühnchen steht dafür als ein Symbol, wie die US-amerikanische Produktqualität gegen unsere europäische Prozessqualität eingetauscht werden soll“, sagt Voß weiter und erläutert: „In Europa wird das Hähnchen vom Stall bis zur Ladentheke so erzeugt, dass eine Trinkwasserbehandlung der Schlachtkörper ausreicht, um unsere Hygienestandards einzuhalten. In den USA hingegen wird die Produktqualität durch eine Oberflächenbehandlung mit Chlor oder organischer Säure im nach hinein herbeigeführt. Das ermöglicht höhere Schlachttaktungen und fördert industrielle Tierproduktion. Bäuerliche und artgerechte Fleischerzeugung kann im ökonomischen Wettbewerb nicht mithalten.“

„Die wesentlichen Instrumente, die der Agrarindustrie an die Hand gegeben werden sollen, sind der Investitionsschutz und die sogenannte ,Regulatorische Kooperation'. Beides wären parallele Institutionen zu unserem nationalen und europäischen Rechtssystem und zu unseren Parlamenten. Wir lehnen diese Instrumente ab, da sie die Einflussnahme der Agrarindustrie auf Standards der Lebensmittelerzeugung und des Umweltschutzes noch weiter steigern – Verbraucher-, Umwelt- und bäuerliche Interessen werden dabei untergepflügt. Diese beiden Instrumente sind nach unseren Informationen bereits in dem fast fertigen und ebenfalls geheim verhandelten Handelsabkommen zwischen EU und Kanada (CETA) enthalten. Damit wäre dann das EU-Kanada Abkommen Wegbereiter für TTIP. Wir fordern die Regierungen auf, den Verhandlungstext endlich öffentlich zu machen“, sagt Voß.

Die AbL fordert mit 60 weiteren Organisationen im bundesweiten Bündnis „TTIP Unfairhandelbar“ den Stopp der TTIP- und CETA-Verhandlungen und unterstützt mit 150 europäischen Organisationen die diese Woche angemeldete und im Herbst geplante Europäische Bürgerinitiative (EBI) gegen TTIP und CETA. Öffentliche und demokratisch geführte Handelsgespräche insbesondere unter Einbeziehung der armen Länder dieser Welt sind Voraussetzung für eine zukunftsfähige und global gerechte Handelspolitik.

Kontakt: Bernd Voß (Bundesvorsitzender der AbL)  0173/9135092

17.07.2014
Von: Pressemitteilung