Kritik am Nichtstun auf dem Ökomarkt

Einer der Gründungsväter des Bundesverband Naturkost Naturwaren (BNN), Hermann Heldberg vom Großhändler Naturkost Elkershausen ist aus dem Dachverband der Ökohändler ausgetreten. Seiner Ansicht nach habe es der BNN nicht geschafft vorhandene Missstände in der Bio-Branche aufzugreifen und diese abzustellen. Heldberg, der selbst 16 Jahre im BNN-Vorstand war, erklärte schriftlich:„Wir machen einen großen Fehler, wenn wir uns in der Preisfindung so stark nach dem Markt richten, der schon jetzt von vier Global Playern beherrscht wird, die über die Lebensmittelpreise bestimmen. Das geht zu Lasten der Qualität: der ökologischen und der sozialen.“ Bauern sähen von einer Umstellung auf Öko-Landbau ab, weil sie nicht mit der billigeren Auslandsware konkurrieren könnten. Heldberg spricht sich deshalb für eine BNN-Richtlinie aus, „mit der sich Händler und Hersteller verpflichten, einheimische Rohstoffe wie zum Beispiel Getreide mit Vorrang zu verarbeiten, bevor importiert wird.“ Des weiteren kritisiert er die seiner Ansicht nach die Fehlentwicklungen der Branche in Sachen aufwendiger und wenig nachhaltiger Verpackungen, denen der BNN nichts entgegensetze. Heldberg will sich weiterhin in Projekten engagieren, von denen er überzeugt sei, so ist er beispielsweise auch Mitinitiator der Bruderhahn-Initiative, die eine Abkehr vom Töten männlicher Küken in der Legehennenhaltung erreichen will. Während der Bio-Markt stetig wächst, stagnieren die Umstellungszahlen in Deutschland. Erstmals seit Erhebung der Daten lagen Biobauern in den letzten zwei Jahren mit ihren Betriebsergebnissen nicht mehr vor konventionellen Vergleichsbetrieben. Zwar wird das vornehmlich den hohen konventionellen Getreidepreisen zu geschrieben, hat aber mindestens genau so viel mit den seit Jahren sinkenden Ökoerzeugerpreisen zu tun. Dieser Preisdruck auf dem Markt entsteht auch durch eine steigende Zahl von Importen auch von hier erzeugbaren Produkten, so liegt der Anteil importierten Ökogetreides bei 17%. Die Szene der Verarbeiter und Vermarkter ist nicht homogen, während einige Wert legen auf heimische Erzeugnisse, mit Regionalität werben und enge Beziehungen zu Bauern und Erzeugergemeinschaften pflegen, gibt es (immer mehr) auch die, die lediglich über den Preis einkaufen, Umstellungen im Ausland zu günstigeren Produktionsbedingungen initiieren und damit den Mengen- und Preisdruck noch verschärfen. Genauso uneins ist die Szene auch hinsichtlich der Frage, ob und was man in dieser Situation politisch unternehmen sollte.
29.06.2015
Von: cs