Patentinhaber streicht die Segel

Beschwerde gegen Patent auf Milchkühe hat Erfolg

Eine für heute angesetzte Verhandlung vor der Beschwerdekammer des Europäischen Patentamtes (EPA) fällt aus, weil die Patentinhaber des 2007 erteilten europäischen Patents auf Milchkühe (EP1330552) sich kurz vor der Verhandlung zurückgezogen haben. Das Patent umfasst Verfahren zur Züchtung von Kühen als auch gentechnisch manipulierten Milchkühen, die eine höhere Leistung erzielen sollen. Grund für den Einspruch war die Befürchtung, dass durch Patente im Bereich der Tierzucht neue Abhängigkeiten von großen Konzernen entstehen und eine schleichende Enteignung der Landwirte stattfindet. Das EPA widerrief jetzt das Patent.

Die Entscheidung ist ein Erfolg für den Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM), die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), das Werk für Entwicklungszusammenarbeit MISEREOR, das Gen-ethische Netzwerk (GeN), die „Initiative Kein Patent auf Leben!“ und Greenpeace, die vor acht Jahren gemeinsam Einspruch gegen das Patent eingelegt hatten. Die Europäischen Patentgesetze verbieten Patente auf Tierarten und auf Verfahren zur Zucht von Tieren, dennoch werden derartige Patente immer wieder erteilt. Das EPA legt Verbote immer wieder so aus, dass diese wirkungslos bleiben. Auch mit dem aktuellen Erfolg ist das Problem daher noch nicht vom Tisch.„Bäuerinnen und Bauern klagen seit Jahren gegen Patente auf Pflanzen und Tiere und erringen auch immer wieder wichtige Erfolge“, sagt Thorsten Sehm, Geschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Milchviehhalter. „Währenddessen bleibt die Politik aber weitgehend untätig. Die Folge: Es werden immer wieder neue Patente auf die Zucht von Tieren und Pflanzen erteilt, weil das Patentamt mit seiner rechtswidrigen Gesetzesauslegung nicht gestoppt wird.“ Die Milchbauern sorgen sich darum, dass sie nach drastisch sinkenden Milchpreisen auch noch durch Patente beim Verkauf von Zuchttieren behindert werden. „Natürlich hätten wir keine Gentechnik-Kuh in den Stall gestellt, Sorgen macht uns aber vor allem die Patentierung der normalen Tier- und Pflanzenzucht“, so Sehm.

Das EPA hatte Ende März mit der Entscheidung, dass auch Pflanzen und Tiere aus konventioneller Zucht als patentierbar gelten, ein alarmierendes Zeichen gesetzt. Erst im August erhielt der Schweizer Konzern Syngenta ein weiteres Patent auf konventionell gezüchtete Tomaten. Die Bundesregierung will zwar laut Koalitionsvertrag gegen diese Patente vorgehen, doch bisher gibt es von den zuständigen Ministern Heiko Maas (Justiz, SPD) und Christian Schmidt (Landwirtschaft, CSU) keine deutlichen Initiativen. Das Bündnis „Keine Patente auf Saatgut!“, das auch die einsprechenden Verbände unterstützen, hatte schon vor Wochen gefordert, dass die Bundesregierung über den Verwaltungsrat des EPA eine neue Rechtsauslegung initiieren sollte. Der Verwaltungsrat ist das politische Kontrollgremium des EPA, in ihm sitzen die Repräsentanten der Mitgliedsländer. Ein entsprechender Aufruf wurde inzwischen von über 30.000 BürgerInnen und etwa 200 Organisationen unterzeichnet. Doch bisher blieb die Bundesregierung weitgehend untätig.

„Wir werden den Druck auf die Bundesregierung deutlich erhöhen, wenn es nicht bald ernsthafte Vorstöße gibt“, sagt Georg Janßen von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL). „Das Problem ist uns zu wichtig, wir werden nicht zulassen, dass es einfach ausgesessen wird und die Konzerne ein Patent nach dem anderen erhalten. Wir müssen den Ausverkauf unserer Lebensgrundlagen stoppen“, sagt der AbL-Geschäftsführer Janßen.

Text des Patentes: http://no-patents-on-seeds.org/sites/default/files/patente/anmeldung/ep1330552b1.pdf

Text des Aufrufes: no-patents-on-seeds.org/de/aktion/keine-patente-pflanzen-tiere
08.10.2015
Von: Pressemeldung