Vorschusslorbeeren für Kirchenpachtverträge

Kritischer Blick auf die Preisverleihung im Wettbewerb "BodenWertSchätzen"

Es bedarf schon prophetischer Gaben, die Evangelische Kirche Mitteldeutschland (EKM) für ihren verantwortungsvollen Umgang mit dem ihr gehörenden Boden auszuzeichnen. So geschehen am 9.12. im bundesweiten Wettbewerb „BodenWertSchätzen“ der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), bei dem die Ausgestaltung der Pachtverträge der EKM als eines von 19 „Leuchtturmprojekten“ nominiert wurde. Gelobt wurde die EKM u. a. für den nachhaltigen Umgang mit dem Boden; insbesondere auf Bodengesundheit, Gewässer- und Artenschutz würde sie achten.

Kriterien nachbessern

Leider sieht die Realität nicht ganz so rosig aus. Sicher, die EKM wählt ihre Pächter als bislang einzige Landeskirche nach einem zentralen Kriterienkatalog aus, was aus Sicht der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) prinzipiell viele gute Möglichkeiten bietet, hier wirklich gestaltend auf die Agrarstruktur einzuwirken. Nur finden viel zu viele Aspekte keine Berücksichtigung: Ökologische Bewirtschaftung, Gentechnikfreiheit im Gesamtbetrieb, Arbeitskräftebesatz oder auch die mittlere Schlaggröße bleiben ebenso unberücksichtigt wie etwa die Frage der Tierhaltung und Stallgröße. Darauf weist die AbL Mitteldeutschland seit Jahren hin und hat einen konkreten Vorschlag vorgestellt, wie die Kirche durch einen verbesserten Kriterienkatalog ihrer besonderen Verantwortung für die Bewahrung der Schöpfung gerecht werden könnte.

Zugang für bäuerliche Betriebe

Die jahrelange Überzeugungsarbeit beginnt sich nun langsam auszuzahlen: Immer mehr Menschen innerhalb und außerhalb der Kirche werden sich der Möglichkeiten bewusst, die in dem enormen Grundbesitz der EKM liegen. Auf den immerhin etwa 75.000 ha ließen sich durch entsprechende Pächterwahl Oasen der Vielfältigkeit für Mensch und Natur schaffen – im Moment verpachtet die EKM ihr Land aber im Wesentlichen an agrarindustrielle Betriebe und sorgt so leider für das Gegenteil. Und so liegen nun die Hoffnungen auf einem Evaluierungsverfahren, das soeben begonnen hat und im nächsten Herbst abgeschlossen sein soll und in dem eine breite Öffentlichkeit aufgefordert ist, Verbesserungsvorschläge einzureichen. Die AbL wird sich weiter dafür einsetzen, dass am Ende ein Verfahren steht, nach dem bäuerliche Betriebe, die eine wirklich „enkeltaugliche“ Landwirtschaft betreiben, Zugang zu kirchlichem Land bekommen – auf dass der soeben überreichte Preis im Nachhinein doch noch seine Berechtigung erhält.

03.01.2016
Von: Reiko Wöllert, Geschäftsführer AbL Mitteldeutschland