Verbreitung von Gentechnik-Raps muss gestoppt werden

Bundesländer müssen Flächen mindestens 20 Jahre überwachen

Die Maßnahmen von acht deutschen Bundes­ländern zur Überwachung des Durchwuchses von gentechnisch verändertem (GV) Raps auf Flächen, die mit dem GV-Event OXY-235 verunreinigt wurden, sind ungenügend. Dies ergaben die Antworten von sieben Landesministerien auf Nachfrage der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), der Interessengemeinschaft für gentechnikfreie Saatgut­arbeit (IG Saatgut) und dem Gen-ethischen Netzwerk (GeN). Die Organisationen fordern die Bundes­länder auf, hier nachzubessern, und eine konsequente, 20-jährige Überwachung der verun­reinig­ten Flächen sicherzustellen.

„Es ist bekannt, dass Rapssaatgut mindestens 20 Jahre lang keimfähig im Boden über­dauern kann. So lange besteht also mindestens das Risiko, dass vereinzelt gentechnisch veränder­ter Raps auf den verunreinigten Flächen keimt. Daher müssen die Bundesländer die betroffenen Flächen über 20 Jahre hinweg überwachen und auflaufenden Durchwuchsraps vernichten“, so Annemarie Volling, Gentechnik-Expertin der AbL. So lange besteht also mindestens das Risiko, dass vereinzelt gentechnisch veränder­ter Raps auf den verunreinigten Flächen keimt. Daher müssen die Bundesländer die betroffenen Flächen über 20 Jahre hinweg überwachen und auflaufenden Durchwuchsraps vernichten. „Die Kontrollen müssen auch dann fortgesetzt werden, wenn in einzelnen Jahren kein Raps aufkeimen sollte, wie Erfahrungen mit Freiset­zun­gen von Raps belegen. In diesem Zeitraum darf auf den Flächen auch kein anderer Raps ausgebracht werden. Zudem müssen die Bundesländer, in denen Freiset­zungsversuche mit GV-Raps stattgefunden haben sicherstellen, dass von diesen Flächen keine Saatgutverunrei­ni­gungen ausgehen.“

„Um großflächige Verunreinigungen mit gentechnisch veränderten Pflanzen zu verhindern, ist es geboten, dass die Bundesländer bei der Überwachung von Saatgut nachbessern“, ergänzt Stefanie Hundsdorfer von der IG Saatgut. „Bei landwirtschaftlichen und gärtnerischen Kultur­ar­ten, die wie Raps einem Verunreinigungsrisiko ausgesetzt sind, genügen die derzeitigen stich­pro­benartigen Tests nicht. Saatgut steht am Anfang der Lebensmit­telerzeugung. Um unsere Nahrung gentechnikfrei zu halten, sollten die Behörden bei Raps jede Saatgutpartie lückenlos vor dem Inverkehrbringen auf das Vorkommen von gentechnisch veränderten Anteilen überprüfen.“

„Benachbarte Züchter, Saatguterzeuger, Landwirte, Gärtner und Imker müssen über die Verun­rei­nigung informiert werden, um sich schützen zu können“, so Christof Potthof vom Gen-ethi­schen Netzwerk (GeN). „Mehrere Gerichtsurteile haben in vergleichbaren Fällen bestätigt, dass ein Anspruch auf Information über die flurstücks­ge­nau­en Daten zu mit GVO verunreinig­ten Flächen besteht. Dies sollten die zuständigen Minister beherzigen und die flurstücks­genau­en Daten zu den betroffenen Flächen veröffentlichen.“

Hintergrund:

Ende Oktober 2015 wurde bekannt, dass gentechnisch verunreinigtes Rapssaatgut auf Ver­suchs­flächen in England und Schottland ausgebracht wurde. Das gentechnisch veränderte (GV) Event OXY-235, das im Rahmen von Sortenentwicklungsarbeiten der französischen Saat­gut­firma RAGT in konventionellem Winterrapssaatgut ausgesät wurde, wurde von Rhone-Poulenc entwickelt, das Patent dazu hat Bayer Crop Science inne. RAGT hatte die Verunrei­ni­gung bei eigenen Kontrollen festgestellt, diese wurde in Nachkontrollen der Behörden in Höhe von 0,3% bestätigt. Der Raps ist in der Europäischen Union weder für den Anbau noch als Lebensmittel oder Futtermittel zugelassen.

Inzwischen ist bekannt, dass auch Flächen in Deutschland, Frankreich, Ungarn, Polen, Rumä­nien, Dänemark, der Tschechischen Republik von der Verunreinigung betroffen sind. In Deutsch­land sind Standorte in acht Bundesländern (Mecklenburg-Vorpommern, Branden­burg, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Bayern, Thüringen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein) betroffen.

Es wird angenommen, dass die Verunreinigung auf Feldversuche mit OXY-235 in den Jahren 1995/1996 in Frankreich zurückgeht. Offenbar ist die Zuchtlinie, die verunreinigt wurde, auf derselben Fläche wie zuvor der Gentechnik-Raps ausgebracht worden. Wie genau das GV-Saat­gut seinen Weg in den konventionellen Raps fand, ist unklar.

Das Gen-ethische Netzwerk, die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft und die Interessengemeinschaft für gentechnikfreie Saatgutarbeit (IG Saatgut) haben das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) und die zuständigen Minister der acht betroffenen deutschen Bundesländer angeschrieben – mit aus­führ­lichem Fragenkatalog. Von allen Bundesländern, außer von Niedersachen, kam Rück­mel­dung. Im Mai haben wir die Bundes­länder erneut angeschrieben, um auf die für uns unzurei­chenden Nachsorgemaß­nahmen aufmerksam zu machen und ein Nachbessern einzufordern. Eine erste Antwort aus Mecklenburg-Vorpommern liegt vor.

 

Übersicht der von der Verunreinigung betroffenen Standorte und Maßnahmen der Bundesländer hier

21.06.2016
Von: gemeinsame Pressemeldung