Welternährungstag: Bündnis fordert Moratorium gegen „Gene Drives“ von Bundesregierung

Am heutigen Welternährungstag fordern mehr als 200 führende Vertreterinnen und Vertreter von Organisationen der globalen Bewegung für Ernährungssouveränität und eine klimascho­nende Landwirtschaft ein Moratorium für die Freisetzung von "Gene Drives", darunter u.a. die amtierende UN-Sonderberichterstatterin für das Menschenrecht auf Nahrung, Hilal Elver, sowie ihre Vorgänger Olivier de Schutter und Jean Ziegler. Gene Drives sind biotechnolo­gi­sche Anwendungen von bislang unbekannter Wirkungsmacht, die sich derzeit in der Ent­wicklung befinden. Die Technologie schaltet die natürlichen Regeln der Vererbung und Evolution aus, indem gentechnisch in das Erbgut von Organismen eingeführte Merkmale zu 100 Prozent an alle deren Nachkommen weitervererbt werden. So könnten ganze Arten dauerhaft verändert oder auch ausgelöscht werden. Der Aufruf gegen die Freisetzung von Gene Drives wird zeitgleich mit einem Bericht der Heinrich-Böll-Stiftung und der kanadischen Nichtregierungsorganisation (NGO) ETC Group veröffentlicht. Der Bericht „Forcing the Farm“ untersucht, welche Anwendungen von Gene Drives in der Landwirtschaft geplant sind. Der Bericht beschreibt, wie Gene Drive-Organis­men genutzt werden könnten, um Fliegen, Mücken, Würmer und andere Insekten auszu­rotten oder Unkräuter empfindlicher für Pestizide zu machen. „Die Anwendung von Gene Drives auf Ernährung und Landwirtschaft stellt die bisherigen Strategien der Biotech-Industrie auf den Kopf", erklärt Jim Thomas, Co-Executive Direktor der ETC Group. „Zuvor hatten Agrarkonzerne gentechnisch veränderte Pflanzen und Tiere entwickelt. Jetzt, da die Verbraucher keine GVO-Lebensmittel kaufen, soll stattdessen der Rest des Ökosystems gentechnisch verändert werden - das Unkraut, die Schädlinge und die Bestäuber“, so Jim Thomas. „In einem guten und verantwortungsvollen Ernährungssystem gibt es keinen Platz für diese Technologie“, sagt Barbara Unmüßig, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung, die zu den mehr als 200 Personen gehört, die als erste den Aufruf gegen Gene Drives in der Landwirt­schaft unterzeichnet haben. „Wir brauchen Innovationen in der Züchtung von Pflanzen, um die vielfältigen Herausforderungen des Klimawandels zu bewältigen. Statt in gentechno­lo­gische Verfahren zu investieren, deren Risiken wir für Natur und Ernährungssysteme nicht kennen und beherrschen, gilt es, die agrarökologische Forschung zu intensivieren, die auch kleine und mittlere Züchter*innen stärkt.“ „Die Anwendung von Gene Drives in der Landwirtschaft oder in der Natur lehnen wir ab“, erklärt Annemarie Volling, Gentechnik-Expertin der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) die klare Position des Verbands gegen Gene Drives. „Eine Technik, die die Artenvielfalt und ganze Ökosysteme bedroht und auf Patenten von interna­tio­nalen Konzernen basiert, gefährdet unsere bäuerliche Erzeugung und Ernährungssouve­ränität weltweit.“ In einem Brief an deutsche NGOs hat das Bundesumweltministerium unlängst klargestellt, dass es Freisetzungen von Gene Drive Organismen sehr kritisch beurteilt und sich auch international dafür einsetzt, die Risiken umfassender zu untersuchen. Die diese Presse­mit­teilung veröffentlichenden Organisationen erklären dazu: „Diese Position begrüßen wir ausdrücklich. Gleichzeitig fordern wir die Bundesregierung auf, nachzuziehen und sich für ein Gene Drives-Moratorium einzusetzen.“ „Gene Drives werden erst durch den Einsatz der CRISPR-Cas Technologie möglich, die Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner und der deutsche Bioökonomierat möglichst bald deregulieren wollen, weil der Europäische Gerichtshof im Sommer klarstellte, dass es sich dabei um Gentechnik handelt“, erläutert Benny Haerlin von der europäischen Initiative „Save Our Seeds“. „Nun zeigt sich, dass mit ihrer Hilfe nicht rückholbare, gentechnische Veränderungen globalen Ausmaßes möglich werden. Solchen Allmachtsphantasien sollte von Anfang an ein Riegel vorgeschoben werden!“ Gene Drives stehen auch auf der Tagesordnung der 14. Vertragsstaatenkonferenz des UN-Übereinkommens über die biologische Vielfalt (englisch: Convention on Biological Diversity, CBD), die vom 17. bis 29. November 2018 in Ägypten stattfindet. Die CBD-Mitgliedsregierungen beraten dort u.a. über ein mögliches Moratorium auf Gene Drives. Über ein Moratorium für „Gene Drives“ soll am 23. Oktober 2018 auch das Europäische Parlament ich Rahmen seiner Stellungnahme zur CBD abstimmen.
16.10.2018
Von: FebL/PM

Der Bericht der Heinrich-Böll-Stiftung und der kanadischen Nichtregierungsorganisation (NGO) ETC Group.