EU-Parlament will Tierschutz bei Tiertransporten stärken

Das Europäische Parlament hat am Donnerstag, den 14. Februar 2019, einen Bericht des EU-Agrarausschusses zu Tiertransporten angenommen. Darin wird eine verbesserte und EU-weit einheitliche Kontrolle der Vorschriften, eine Reduktion der Anzahl und Dauer (maximal acht Studen) der Transporte und ein Ende von Exporten in Länder, in denen EU-Tierschutzstandards nicht gewährleistet werden können, gefordert. Der Bericht stellt außerdem fest, dass die EU-Tierschutztransportverordnung 1/2005 Lücken und Mängel aufweist und überarbeitet werden muss. Die EU-Kommission wird aufgefordert, eine Strategie zu entwickeln für regionale Tierhaltung, kurze Lieferketten und eine stressfreie Schlachtung. „Ich bin sehr froh, dass das Parlament die weitreichenden Forderungen des Agrarausschusses für mehr Tierwohl verabschiedet hat. Und zwar trotz des Widerstands aus den Reihen der CDU/CSU, die im Vorfeld der Abstimmung versucht hat, die Aussagen des Berichts abzuschwächen“, erklärt Maria Heubuch, Mitglied des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung. Gleichzeitig sind für sie die Empfehlungen des Parlaments nur ein erster Schritt, um Tierleid bei Transporten zu beenden. „Der Tierschutz muss zur Gretchenfrage bei der Berufung der neuen EU-Kommission im November werden. Nur Persönlichkeiten, die glaubhaft machen können, dass sie streng über die Einhaltung der EU-Tierschutzgesetze wachen werden, sollten berufen werden. Bei der Auswahl der künftigen Kommissare für Landwirtschaft und Handel müssen die EU-Abgeordneten sicherstellen, dass Europa einen neuen Kurs einschlägt: Die Ausrichtung der EU-Agrarpolitik auf industrielle Massentierhaltung mit all ihren negativen Auswirkungen auf den Tierschutz, die Umwelt und Schwellen- und Entwicklungsländer muss ein Ende haben“, so Heubuch. „Stoppt endlich die Quälerei“, heißt es auch bei den Sozialdemokraten und -demokratinnen im EU-Parlament mit Blick auf die Tiertransporte. Auf Europas Straßen sind jährlich über eine Milliarde Tiere unterwegs. Mindestens sechs Millionen von ihnen werden auf Strecken transportiert, die über acht Stunden in Anspruch nehmen. „Dabei werden die gesetzlichen Mindestvorgaben nur selten in einem ausreichenden Maße erfüllt. Der aktive Tierschutz muss zurück auf die politische Agenda! Dauerhaft kann das Ruder nur mit einer neuen, nachhaltigen Agrarpolitik und der Überarbeitung der Tiertransportverordnung herumgerissen werden - beides Forderungen, für die sich die SPD in der EU und in Deutschland einsetzt“, sagt die SPD-Abgeordnete Maria Noichl, ebenfalls Mitglied im EU-Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung. Der Transport von Lebendtieren hat in den vergangenen Jahrzehnten stetig zugenommen. Grund dafür sei die immer fortschreitende Spezialisierung der Betriebe (Erzeugung, Mast), extreme Konzentrationsprozesse vor allem im Schlachtbereich, und das immerwährende Schielen auf die niedrigsten Kosten. „Am Ende der Rechnung ist der Transport von lebendigen Tieren oft billiger als der Transport des Fleisches. Das kann nicht unser Ziel sein. Stoppt endlich diese Tierquälerei und begrenzt die Langstreckentransporte für erwachsene Tiere auf maximal acht Stunden“, fordert Noichl. Dies hätte auch positive Auswirkungen auf die Umwelt, da weniger LKW auf der Straße sein müssten. Die Verordnung 1/2005, die mit dem Bericht auf den Prüfstand gestellt wird, bietet laut Noichl bereits gute Regeln. „Aber sie werden in den EU-Mitgliedstaaten schlecht oder gar nicht umgesetzt. Auf diesen Missstand weisen wir seit Jahren hin. Daran müssen die Mitgliedstaaten endlich etwas ändern. Tierschutz ist nicht verhandelbar!“ Für die Tierschutzorganisation Provieh ist die Zustimmung des EU-Parlaments ein erster wichtiger Schritt, um Verbesserungen bei den qualvollen Tiertransporten einzuläuten. “Zwar hat die Zustimmung des EU-Parlaments erst mal keine rechtlichen Auswirkungen und ist damit noch ein zahnloser Tiger. Aber sie zeugt vom Veränderungswillen auf EU-Ebene, während die große Koalition in Deutschland nicht einmal die extrem strapaziösen und langen Tiertransporte in Drittstaaten beenden will, bei denen Tiere regelmäßig verenden. Jetzt benötigen wir dringend eine rechtlich verbindliche Umsetzung des Berichts auf EU-Ebene und ein nationales Verbot der Tiertransporte in Drittländer, um mit gutem Beispiel voranzugehen“, erklärt Jasmin Zöllmer, Referentin für Agrarpolitik bei Provieh, und verweist auf die Möglichkeit des Deutschen Bundestages im letzten Jahr, diese Transporte zu stoppen. Sowohl die Grünen als auch die FDP wollten damals in einem Antrag ein Aussetzen aller Tiertransporte in Drittstaaten erwirken. Provieh forderte in einem offenen Brief an den Bundestag gemeinsam mit acht weiteren Verbänden einen sofortigen Stopp der Lebendtiertransporte in Drittstaaten. „Doch die große Koalition konnte sich nicht einmal zu einem Verbot der Schlachttierexporte durchringen, die unter besonders grausamen Bedingungen in Drittstaaten getötet werden. Ein Armutszeugnis für die große Koalition, die in Punkto Tierschutz endlich mal ein Zeichen setzen sollte“, so Provieh. Bewegung nimmt Provieh auf lokaler Ebene wahr und verweist auf einige Veterinärämter in Bayern, die sich offen gegen Langstreckentransporte von Lebendtieren in Nicht-EU-Länder stellen. Den Anfang machte das Veterinäramt Landshut, das diese Praktiken und Tierschutzverstöße nicht mehr mittragen möchte. Auslöser war der geplante Transport einer trächtigen Kuh, die rund 5.000 Kilometer weit nach Usbekistan transportiert werden sollte. Diesen Viehtransport stoppte das Veterinäramt Landshut. Das Veterinäramt will in Zukunft keinem dieser Transporte mehr zustimmen, es verweigert sein "Vorzeugnis". Kurz danach folgten zwei weitere bayerische Landkreise: Nach Landshut verweigern nun auch die Landräte von Passau und Freyung-Grafenau ihre Zustimmung. Provieh unterstützt die mutige Entscheidung der Veterinärämter und hofft, dass noch viele weitere folgen.
14.02.2019
Von: FebL/PM

EU-Parlament will mehr Tierschutz bei Tiertransporten. Foto: Provieh