Keine Feierstimmung zum Tag der Milch

Statement von Ottmar Ilchmann, Milchbauer und AbL-Landesvorsitzender Niedersachsen:

Am 1. Juni begeht die Branche wie immer den internationalen Tag der Milch und feiert die Vorzüge und gesellschaftlichen Leistungen der Milcherzeugung. Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft Niedersachsen/Bremen weist darauf hin, dass diejenigen, die diese Leistungen erbringen, auch in diesem Jahr keinen Grund zum Feiern haben: Die Milchbäuerinnen und -bauern. Bei ihnen sei die Stimmung gedrückt. Nach dem Ende der Milchquoten hätten viele die Herden vergrößert, die Milchleistung gesteigert und viel investiert. Die Arbeitsbelastung und der Schuldenberg seien gewachsen, die Erträge seien aber bestenfalls gleich geblieben oder sogar gesunken, weil nach wie vor über lange Zeiträume kein kostendeckender Milchpreis von den Molkereien ausgezahlt werde. "Gerade im Nordwesten ist die Situation besonders angespannt, weil der Branchenprimus, Deutschlands größte Molkerei DMK (Deutsches Milchkontor) beim Auszahlungspreis wieder mal Schlusslicht ist und aktuell mehrere Cent weniger pro Liter Milch zahlt als die Konkurrenz", betont Ottmar Ilchmann, Landesvorsitzender der AbL und selbst Milchbauer. Die Milchviehbetriebe lebten von der Substanz, es sei langfristig nicht möglich, in guten Jahren ausreichend Rücklagen zu bilden, um Zeiten niedriger Milchpreise gut zu überstehen. Dazu kämen steigende Produktionskosten, u.a. hohe Energiekosten, und Finanzierungsbedarf für höhere Ansprüche beim Tierwohl, Gülle- und Futterlagerraum etc. Auch auf die Einpreisung des hohen Arbeitsaufwands und der höheren Futterkosten durch die Dürre letztes Jahr warteten die Betriebe immer noch vergebens. Hoffnungsvolle Ansätze gebe es für etliche Betriebe durch die Umstellung auf Bio-Milcherzeugung und durch das Weidemilchlabel, das sich zur Aufgabe gesetzt habe, die besonderen Qualitäten der Weidemilch und die Leistungen der Weidehalter in Wert zu setzen. "Aber auch diese Qualitätsschienen müssen sich letztlich an der besseren Wertschöpfung für die Erzeuger messen lassen", so Ilchmann. "Biomilch und Weidemilch eignen sich nicht für Preiskämpfe des Einzelhandels auf dem Rücken der Erzeuger". Seit Jahren warteten die Milchbauern außerdem auf ihre Besserstellung in der Wertschöpfungskette, z.B. durch die Umsetzung der Vertragspflicht mit festen Vereinbarungen über Menge, Preis und Qualität der gelieferten Milch. Über eine entsprechende Sektorstrategie verhandelten wieder die gleichen Verbände, die schon bisher kein Interesse an einer Verbesserung der Marktmacht der Milcherzeuger gezeigt hätten. Auch ein europäisches Kriseninstrument zur koordinierten Anpassung der Milchmenge an die Nachfrage in Krisenzeiten sei nicht in Sicht. "Die Bäuerinnen und Bauern tragen die Risiken des Marktes und die Folgen der Aufhebung der Mengenregulierung ganz allein. Dadurch kommt es auch ohne aktuelle Krise zu einem langsamen Ausbluten, zu einer schleichenden Entmutigung und letztlich zur Aufgabe vieler, gerade kleinerer Betriebe", so Ilchmanns Fazit.
01.06.2019