Hintertüren in der Handelspolitik

Obwohl multilateral die Handelsgespräche stocken, gehen die Aktivitäten der Konzerne aktiv und aggressiv weiter

Wie Konzerne in anderen Ländern, indiesem Fall in Deutschland, agierenkönnen, beschreibt Jürgen Knirsch vonGreenpeace an einem Beispiel. Das schwedischeEnergieunternehmen Vattenfall hat Deutschland im Jahr 2009 auf 1,4 Mrd.Euro Schadensersatz verklagt. Der Grund? Vattenfall sind die Umweltauflagen zuhoch, die es für den Bau eines Kohlenkraftwerksan der Elbe einhalten soll. Die Verhandlungen zwischen Politik und demUnternehmen finden hinter verschlossenTüren statt. Knirsch: „Diese Verhältnisse sind schlimmer als sie bei den multilateralen Verhandlungen der Welthandelsorganisationen je waren. Das hätte ich vorher niemals gedacht. Aber es werden unterschwellige Abmachungen vereinbart, und es gibt darüber keine Transparenzmehr.“ Die Regeln in den sogenannten Investitionsabkommen, wo dieser Fall bearbeitet wird, sind 50 Jahre alt und ohne Pflichtenfür die Unternehmen. Das kritisieren Referentenund Teilnehmer auf der zweitägigen Konferenz: „Nie wieder Weltmeister?! Alternativenzur exportorientierten Handelspolitik“in Berlin Anfang November. Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) ist eine von vielen Veranstalternder Konferenz, die von mehr als 200 Teilnehmern besucht wurde. Wenn über Handelspolitik diskutiert wird, darf neben dem Export auch die Beschaffungvon Rohstoffen nicht fehlen. Deutschland ist von externen Rohstoffen abhängig. In der Rohstoffpolitik verfolgt der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) weitgehende Handelsliberalisierungen. In der Debatte, wie der Umgang mit dem Handel von Rohstoffen aussehen soll, sagt David Hachfeld von Oxfam: „Die Rohstoffe sind weltweit nicht gleichmäßigverteilt. Wir müssen über internationale, multilaterale Regeln diskutieren.“Hachfeld schlägt vor, in der künftigen Debatteauch „über eine Art Mengensteuerungnachzudenken“. Wie Handel auch anders gestaltet werden kann, beschreibt Thomas Fritz von der „Bolivarianischen Allianz für die Völkerunseres Amerika“ (ALBA) an einem praktischen Beispiel. Acht vor allem kleinere Länder in Lateinamerika sind in den vergangenen Jahren dieser Allianz beigetreten. Die Maxime ist Fair-Handelszonestatt Freihandelszone. Fritz beschreibt die Allianz als eine „Alternative zur panamerikanischen Freihandelszone“. Grundlegende Elemente seien, so Fritz, der Abbau von Zöllen und Steuern und eine Vorzugsbehandlung der „schwächeren“ Staaten. Sozialprogramme dürfen dabei nicht geschwächtwerden. Die Ansätze seien positiv zu bewerten, allerdings finden die Verhandlungen noch unter Ausschluss sozialer Bewegungen statt, bemerkt Fritz.
01.12.2010
Von: Unabhängige Bauernstimme, Berit Thomsen