Regional statt globalisiert

Kommentar

In der Landwirtschaft und dem Verarbeitungssektor hat die Globalisierung in den letzten Jahren zu immer größeren Strukturen geführt. Einhergegangen ist dies mit einer immer weiter wachsenden Anonymität in der Lebensmittelproduktion und der steigenden Abhängigkeit der Bauern von einigen wenigen Konzernen. Die Lebensmittel-Urproduktion, die auf den landwirtschaftlichen Betrieben stattfindet, wird durch diese Entwicklungen immer mehr zu einer anonymen „Rohstofferzeugung“ degradiert. Dadurch werden die Bauern mit ihren Erzeugnissen gnadenlos austauschbar. In der Folge immer größerer Strukturen und anonymer Warenströme verschwinden gewachsene Strukturen: Höfe sterben, kleine und mittlere Familienbetriebe im Ernährungshandwerk wie z. B. Mühlen, Bäckereien und Metzgereien bleiben auf der Strecke. Die Antwort auf diese Auswüchse kann im Sinne einer nachhaltigen bäuerlichen Landwirtschaft und einer nachhaltigen regionalen Entwicklung nur lauten: Rückbesinnung auf regionale Kreisläufe. Denn nur durch eine konsequente regionale Lebensmittelproduktion und Vermarktung bleibt die Wertschöpfung in der Region. Die dezentralen, regionalen Strukturen in Produktion, Verarbeitung und Vermarktung schaffen und erhalten Arbeitsplätze vor Ort in den ländlichen Regionen und sorgen für höchste Transparenz im Lebensmittelbereich. Insbesondere ermöglichen sie eine hohe Identifizierung der Verbraucher/innen mit ihren Lebensmitteln und den dahinter stehenden Produzenten. In der Folge sind Kundinnen und Kunden auch bereit, für diese Produkte entsprechend faire Preise zu bezahlen. Aber auch die Produzenten, Verarbeiter und Vermarkter sind gefordert. Sie werden mit ihrer Produktion sichtbar und müssen höchste Qualität liefern. Den Ansporn hierzu gibt und schafft der direkte Kontakt zum Kunden. Regionale, nachhaltige Strukturen in der Landwirtschaft und der Lebensmittelverarbeitung sichern neben der Produktion hochwertiger, heimischer Lebensmittel auch noch, dass die Umwelt geschont und die Kulturlandschaft erhalten wird – zwei Bereiche, die von vielen Menschen als schützenswert angesehen werden. Die infolge globalisierter und anonymisierter Warenströme entstehenden Verwerfungen auf den Märkten in anderen Ländern, auch durch das Dumping von Übermengen aus Deutschland, werden dadurch ebenfalls ausgeschlossen. Ein positives Beispiel für regionale Nachhaltigkeit ist das LANDMARKT-Projekt der Vereinigung der hessischen Direktvermarkter. Mit diesem Projekt haben Bäuerinnen und Bauern eine Partnerschaft auf Augenhöhe zwischen der bäuerlichen Produktion vor Ort und dem Lebensmitteleinzelhandel in der Region geschaffen. Die Produkte von 180 zertifizierten LANDMARKT-Bauernhöfen kann man auf Wochenmärkten, in Hofläden und in über 200 ausgewählten REWE-Märkten in Hessen kaufen. „LANDMARKT – Besser direkt vom Bauern“ steht für die Verbindung landwirtschaftlicher Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung von Lebensmitteln in voller Verantwortung der bäuerlichen Betriebe. Damit verbunden ist aber auch, dass nicht alle Produkte immer verfügbar sind. So sind Obst und Gemüse nur zur Saison im Angebot. Das ist normal, weil wir bei LANDMARKT nur das anbieten, was auch auf unseren Höfen erzeugt wird. Für eine breit angelegte Umsetzung nachhaltiger regionaler Strategien bedarf es einer rigorosen Kehrtwende in der bisherigen Förderpolitik sowie der Schaffung entsprechender Rahmenbedingungen und insbesondere der Verarbeitungsmöglichkeiten vor Ort. Eine Förderung, die Großstrukturen zu Lasten einer bäuerlich nachhaltigen Landwirtschaft begünstigt, wird dem nicht gerecht. Werden wir nicht müde, dies zu fordern und dafür zu kämpfen!
27.11.2015
Von: Oswald Henkel, Milchbauer und Vorsitzender der Vereinigung der hessischen Direkt

Oswald Henkel