Bayer versucht sich im Dialog

Streitgespräch in der Konzernzentrale

Unter dem Titel „Züchtung der Zukunft“ lud die ev. Akademie Villingst gemeinsam mit Bayer in Firmensitz ein. Der Raum war lückig besetzt, einige Bayer-Vertreter waren da, aber auch Zivilgesellschaft. Dr. Kalus Kunz, Leiter für Nachhaltigkeit bei Bayer und vorher in der Pestizidentwicklung begann seinen Vortrag damit, dass Bayer in einer erheblichen Veränderungsphase sei – womit er die Integration des im letzten Jahr gekauften Monsanto-Konzerns meinte. Auch innerhalb Bayers würden sie um das Zukunftsmodell einer nachhaltigen Landwirtschaft ringen. Sie suchten den richtigen Weg. Dafür bräuchten sie den Austausch auch mit der Gesellschaft. In der Frage, ob die neuen Gentechnik-Verfahren als Gentechnik zu regulieren sind, war er allerdings nicht sehr dialogbereit. Für ihn steht fest, sofern artfremde DNA eingebracht wird, sei dies ein GVO und auch zu regulieren. Solange aber nichts artfremdes eingebracht werde, würden Veränderungen erzeugt, die nicht von konventioneller Züchtung zu unterscheiden seien. Deshalb müssten diese auch nicht reguliert werden. Mit Genom-Editing könne man schneller und gezielter züchten, bspw. Trockenheitsresistenzen in Pflanzen einführen oder Krankheitsresistenzen. Für ihn sei es keine Sicherheitsdiskussion, sondern eine ethische oder philosophische. Schließlich habe Bayer 80 Jahre lang Mutagenese-Erfahrungen, hier hätte es nie Sicherheitsbedenken gegeben. Die Frage sei lediglich, ob die Gesellschaft die Integration fremder Gene akzeptiert. Es brauche einen guten Kompromiss zwischen dem was in der EU akzeptiert werde und an Innovationen machbar sei. Der regulatorische Rahmen sei so zu setzen, dass Innovationen möglich seien, so Kunz.

Neue Fragen

Diskussionspartner Christoph Then von Testbiotech leitete seinen Vortrag damit ein, es gehe seiner Organisation darum einen kritischen Blick auf die Technologie zu werfen. Es sei ihnen ein Anliegen, eine gut informierte Debatte zu führen. Dabei stellt Then sich die Frage: „Wie gehen wir mit Leben um? Kann man Teile aus der DNA eines Organismus herausschneiden und wirtschaftlich vermarkten? Der Schutzgedanke von Mensch und Umwelt müsse Vorrang haben gegenüber Verwertungsinteressen“. Mit den neuen Gentechnik-Verfahren würden die Anwendungsgebiete erheblich ausgeweitet und auch die Dynamik stark erhöht. Für Then ist klar, dass die neuen Gentechnik-Verfahren nicht mit den alten Mutagenesetechniken zu vergleichen sind. Allein schon deshalb, weil sie eben doch erkennbar sind. Um die Gen-Schere in den Organismus einzubringen wird in der Regel mit den alten Gentechniken gearbeitet (also Schrotschussverfahren oder mit Hilfe eines Bakteriums). Hier hat man mit den gleichen Risiken wie bei der alten Gentechnik zu rechnen. Hinzukommen die speziellen Risiken durch die neuen Gentechnik-Verfahren. Bspw. wenn diese auf Veränderungen der Inhaltsstoffe ausgerichtet sind oder die Techniken in Wildpopulationen eingesetzt werden sollten. Es stellen sich völlig neue Risikofragen: wie verlässlich ist eine Veränderung, was macht die Veränderung mit der Population und mit dem Ökosystem? Was gibt es in der nächsten Generation an nicht erwarteten Effekten? Auch die Rückholbarkeit sei nicht mehr gegeben. Bislang gäbe es keine systematische Risikoprüfung. Dies machte er am CRISPR-Pilz deutlich, bei dem ein Enzym ausgeschaltet wurde, so dass er nicht mehr bräunen soll. Was das mit dem Stoffwechsel mache, ob andere Stoffe vermehrt oder weniger gebildet werden, das alles wurde nicht untersucht. Ein Ziel von CRISPR ist es eben auch Inhaltsstoffe zu verändern. Das schafft man ohne das Einbringen neuer Gene. Then machte klar, dass es einen regulatorischen Rahmen brauche, um über Innovationen reden zu können. Kennzeichnung, Transparenz sei für eine sinnvolle Technologieentwicklung notwendig. Man sollte auch die Debatte führen, was notwendig, sondern nicht nur was machbar sei.

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29.03.2019
Von: Von: Annemarie Volling, Unabhängige Bauernstimme (4/2019)