BfR-Verbrauchervotum: Bei neuer Gentechnik müssen Vorsorgeprinzip und Wahlfreiheit erhalten bleiben

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat die Ergebnisse einer Verbraucherkonferenz zum Thema Genome Editing vorgestellt. Die Verbraucher fordern in ihrem Votum „eine verantwortungsvolle Forschung zu Chancen, Risiken und Auswirkungen sowie strenge Regeln seitens des Gesetzgebers.“ Konkret sprechen sie sich für die „Beibehaltung des Vorsorgeprinzips“, die „Wahlfreiheit der Verbraucher“ sowie „Informationsfreiheit und Transparenz“ aus, ebenso für den „Vorrang sozialer Aspekte vor Konzerninteressen“ und eine „Haftungsregelung für unerwartete Schäden durch den Hersteller“. Zudem sollten tierische Lebensmittel gekennzeichnet werden, wenn Futtermittel gentechnisch verändert wurden. Erarbeitet haben das Votum 20 Verbraucher, die das BfR aus 147 Anmeldungen ausgesucht hatte. Die Gruppe sollte in Bezug auf Alter, Bildung und Beruf ein möglichst heterogenes Spektrum abbilden. Moderiert von einem externen Dienstleister verbrachten diese 20 Menschen gemeinsam zwei Wochenenden im August. Dabei erhielten sie eine Einführung zu den wissenschaftlichen, technischen und gesellschaftlichen Aspekten des Genome Editing und erarbeiteten Fragen, die sie an Fachleute richten wollten. Aus einer Liste von 32 Experten wählten sie 13 aus, die bei der Abschlusskonferenz Ende September die Fragen beantworteten. „Im Anschluss wurde darauf aufbauend das Verbrauchervotum erstellt“, beschreibt das BfR das Verfahren der Verbraucherkonferenz. Geeinigt hatte sich die Gruppe in ihrem Votum auf die oben genannten „anwendungsübergreifenden Forderungen“. Ein „weitgehender Konsens“ bestand „in der Einschätzung, dass die bisherige Anwendung der klassischen Gentechnik die Industrialisierung der Landwirtschaft befördert hat.“ Darüber hinaus „halten wir mehrheitlich auch generell den Transfer artfremder Gene für ethisch fragwürdig“, heißt es in den Votum. Und weiter: „Bei der Beurteilung der neuen gentechnischen Methoden, die unter dem Begriff Genome Editing zusammengefasst werden, gibt es in unserer Verbrauchergruppe stark divergierende Meinungen.“ Auch bei der „Gleichsetzung von Punktmutation durch Genome Editing mit konventioneller Mutagenese“ spricht der Bericht von einer geteilten Meinung in der Gruppe. Es wird aber aus der Formulierung nicht deutlich, wie stark die unterschiedlichen Positionen in der Gruppe vertreten waren. „Auch Menschen, die ausführlich über angebliche Vorteile und Chancen der Neuen Gentechnik informiert wurden, stehen diesen Verfahren dennoch skeptisch gegenüber“, kommentiert der Geschäftsführer des Verband Lebensmittel ohne Gentechnik e.V. (VLOG), Alexander Hissting, das Verbrauchervotum. „Wir wünschen uns, dass Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner dieses Votum ernst nimmt und sich endlich dafür einsetzt, dass Vorsorgeprinzip, Wahlfreiheit und Transparenz im EU-Gentechnikrecht erhalten bleiben.“ Ähnlich äußert sich auch der BUND. „Der BUND begrüßt die im Votum formulierten Forderungen der Verbrauchergruppe nach dem Primat des Vorsorgeprinzips, der Sicherstellung der Wahlfreiheit sowie nach erweiterten Zulassungskriterien und Transparenz. Wir stimmen mit den Verbraucherinnen und Verbrauchern darin überein, dass neue Techniken sich daran messen lassen müssen, was sie zur Nachhaltigkeit beitragen können. Ob die neue Gentechnik in der Landwirtschaft positiv wirken kann, wird vom BUND deutlich in Frage gestellt“, kommentiert Daniela Wannemacher, BUND-Expertin für Gentechnikpolitik. „Zu kritisieren ist umso stärker die bisher erfolgte einseitige Festlegung von Seiten des Bundesinstituts wie auch von Seiten des Bundesagrarministeriums auf die vermeintlichen Chancen der Technologie. Wir fordern BfR und BMEL auf, das Votum der Verbraucherinnen und Verbraucher ernst zu nehmen, deren Forderungen aufzunehmen und für die weitere Bearbeitung nicht nur die Rosinen herauszupicken, die zum eigenen Narrativ passen", so Wannemacher.