Bundesregierung verhindert rechtssichere Anbauverbote

Brüsseler Einigung setzt Schutz des gentechnikfreien Europa auf`s Spiel

„Statt alle Chancen zu nutzen, nationale Gentechnik-Anbauverbote rechtssicher zu machen, haben sich EU-Ministerrat und Europaparlament auf einen schwachen Kompromiss geeinigt, der den Schutz der gentechnikfreien Landwirtschaft und damit einen wichtigen Wettbewerbsfaktor unserer Bäuerinnen und Bauern leichtfertig aufs Spiel setzt“, kritisiert Georg Janßen, Bundesgeschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) e.V. Der Kompromisstext zur Änderung der Richtlinie 2001/18 (vom 10. Dez. 2014) wird voraussichtlich ohne Änderungen morgen vom Parlament und später vom Rat formal bestätigt. Janßen weiter: „Unsere AbL-Analyse zeigt, dass der Kompromiss-Gesetzestext und die folgende Umsetzung in den europäischen Mitgliedstaaten kaum ausreichen wird, um absehbaren Konzernklagen Stand zu halten. Der Ministerrat und damit auch die Bundesregierung hat die Chance vertan, die Rechtssicherheit der Verbotsmöglichkeiten zu erhöhen, bspw. indem die Verbotsmöglichkeiten, wie vom Parlament gefordert, auf eine andere Rechtsgrundlage gestellt werden (Umweltrecht Art. 192) oder durch eine dezidierte Liste von Verbotsgründen. Kritisch ist aus Sicht der AbL auch, dass Konzerne weiterhin im Entscheidungsprozess beteiligt sind und ihre Position damit gestärkt wurde. Zwar ist die Konzernbeteiligung nicht mehr (wie vom Rat vorgesehen) verpflichtend. Aber ein formalisiertes Mitspracherecht der Konzerne im Zulassungsprozess ist bislang einmalig und leitet womöglich einen stillschweigenden Paradigmenwechsel ein. Es untergräbt die Souveränität der Staaten und kann ein Vorgeschmack auf vermehrte Konzernrechte bei den geplanten Freihandelsabkommen TTIP und CETA sein. Absehbar ist, dass die Gentechnik-Konzerne nun versuchen werden, das Feld von hinten aufzurollen und den Druck auf die Zulassungen und einzelne Mitgliedstaaten zu erhöhen. Problematisch für die gentechnikfreie Land- und Lebensmittelwirtschaft ist zudem, dass es keine verpflichtenden Regelungen gibt, um Kontaminationen auszuschließen. Auch verpflichtende Haftungsregelungen, die die Verursacher in die Pflicht nehmen, sind wieder gestrichen worden. Hier zeigt sich der erhebliche Einfluss der Gentechnik-Industrie und die mangelnde Standfestigkeit der Bundesregierung.“ Janßen abschließend: „Ein von der AbL gefordertes europaweites Anbauverbot konnte bislang nicht politisch durchgesetzt werden. Auch eine echte Verschärfung und unabhängige Risikoprüfung der Gentechnik-Pflanzen, wie schon seit 2008 vom Umweltministerrat gefordert, hat sich nicht durchsetzen lassen. Zwar wird der Bedarf anerkannt, und innerhalb von zwei Jahren soll es zu Änderungen kommen, aber ob das dem Risiko der Gentechnik-Pflanzen gerecht wird, ist zu bezweifeln. Umso wichtiger ist es also, dass es nicht - unter dem Deckmantel nationaler Verbote - zu einer Zulassungsflut von neuen gentechnisch veränderten Pflanzen kommt. Um einen europäischen Flickenteppich zu vermeiden, dürfen die Zulassungsanträge der Gentechnik-Konzerne nicht durchlaufen. Gerade die Bundesregierung ist aufgefordert, bei zukünftigen Zulassungsabstimmungen mit einem klaren „Nein“ zu stimmen und entsprechende Mehrheiten zu organisieren!“ Eine ausführliche Analyse des Kompromisstextes findet sich unter <link themen gentechnikfrei hintergruende-positionen.html>www.abl-ev.de/themen/gentechnikfrei/hintergruende-positionen.html
12.01.2015
Von: Pressemeldung