„Die bisherige Bodenpolitik seitens der Bundesregierung und der Landesregierungen in Ostdeutschland muss gestoppt werden. Sie ist mitverantwortlich für eine ungerechte Verteilung landwirtschaftlicher Flächen, für eine bewusste Benachteiligung bäuerlicher Höfe und für eine Förderung agrarindustrieller Strukturen“, so Sprecher der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft e.V. (AbL) anlässlich einer Pressekonferenz in Berlin. Die AbL setzt sich politisch und rechtlich zur Wehr. Bauer Franz-Joachim Bienstein aus Martensdorf (Kreis Wismar) kämpft seit über 15 Jahren für sein Recht zum Erwerb von Flächen aus dem Volkseigentum der ehemaligen DDR. Seine Klage gegen die zuständige Bodenverwertungs-und –verwaltungs GmbH BVVG wurde vor dem Landgericht Berlin abgewiesen. Über 4 Jahre musste Bienstein auf ein Berufungsverfahren warten. Die Berufung wurde dann ohne mündliche Verhandlung durch das Kammergericht Berlin abgelehnt. Aber Bienstein gab nicht auf. Mit Hilfe seines Rechtsanwalts, Dr. Thorsten Purps (Potsdam), reichte er im letzten Jahr Beschwerde vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg (EGMR) ein. Der EGMR hat die Beschwerde angenommen und dies sorgt hinter den Kulissen für politische und rechtliche Bewegung beim Bundesjustizministerium und bei der Berliner Senatsverwaltung für Justiz. Sie haben vor Weihnachten Bienstein einen Vergleich von 4000,-Euro wegen überlanger Verfahrensdauer angeboten. Bedingung: Die Klage vor dem EGMR müsse zurückgezogen werden. Bienstein wird nicht zurückziehen und mit Unterstützung der AbL dieses Verfahren durchführen. Damit ist die Bundesregierung gezwungen, vor dem EGMR Position zu beziehen. Es geht nicht nur um Flächen für den Betrieb Bienstein, es geht um die politisch gewollte Benachteiligung bäuerlicher Betriebe, die die schwierige sowie kostenintensive Auseinandersetzung gegen die BVVG nicht geführt haben. Die Bundesregierung sowie die ostdeutschen Landesregierungen haben bewusst einer kleinen Klientel verbilligt Flächen zugeschoben und gleichzeitig über 80 Prozent der Betriebe von der ihnen zustehenden privilegierten Pacht- und Kaufmöglichkeit ausgeschlossen. Eine gerechtere Bodenpolitik ist aber möglich, wie die jüngsten Beschlüsse des Deutschen Bundestages zum 2.Flächenerwerbsänderungsgesetz zur Wiedergutmachung enteigneter Bodenreformopfer gezeigt hat. Und die BVVG hat noch ca. 380.000 Hektar zu verteilen. Die AbL schlägt vor, allen Bauern, die bislang laut Gesetz berechtigt waren begünstigt zu kaufen, diesen die Möglichkeit zum begünstigten Kauf auch praktisch zu eröffnen. Die politisch gesetzte Voraussetzung, den Erwerb von Flächen an deren vorheriger Pacht zu koppeln, muss dafür aufgehoben und die aktuellen Pachtverträge der BVVG, in der Regel mit agrarindustriellen Großbetrieben abgeschlossen, müssen zum nächstmöglichen Zeitpunkt gekündigt werden. Neue Pachtverträge sind den Betrieben anzubieten, die bislang leer ausgingen. Sämtliche landwirtschaftliche Flächen in Besitz der ostdeutschen Landesregierungen, die zum größten Teil aus der Enteignung der Bodenreformerben stammen, müssen auch den bislang benachteiligten Betrieben angeboten werden. Mit dieser Richtungsänderung ist eine vernünftige Reform der Bodenpolitik möglich, die die Spekulationskäufe außerlandwirtschaftlicher Investoren beendet, die eine breit gestreute Eigentumsverteilung einleitet und damit Arbeitsplätze und eine Wiederbelebung ländlicher Räume in Ostdeutschland in Gang setzt.
V.i.S.d.P.: Franz Joachim Bienstein, 23972 Martensdorf, T.03841-791273 oder T.0170-2164373
Rechtsanwalt Dr. Thorsten Purps, Potsdam, T.0331-2756131
Dr. Jörg Gerke, Rukieten, Buchautor „Das ostdeutsche Agrarkartell“
T. 038453-20400
Friedrich-Wilhelm Graefe zu Baringdorf, AbL-Bundesvorsitzender, T.0171-3627711