Die von der EU-Kommission und der Gentechnik-Industrie gepushte mögliche Abschaffung der Regeln für neue Gentechnik-Pflanzen in der EU stößt bei zahlreichen Unternehmen aus der deutschen Lebensmittelwirtschaft auf deutliche Ablehnung. Denn viele ihrer Kund:innen stehen auch der neuen Gentechnik skeptisch gegenüber und wollen selbst entscheiden können, ob sie diese kaufen und essen wollen. Dafür ist eine Kennzeichnungspflicht bis zum Endprodukt Grundvoraussetzung. Anfang Januar startete der Verein Lebensmittel ohne Gentechnik eine Initiative, der sich mittlerweile über 200 Unternehmen angeschlossen haben. Darunter Frosta, dm, Alb-Gold, Alnatura, Andechser Molkerei, Tegut, Beckers Bester, Schwarzwaldmilch, VFI Oils for Life und Neuland.
Sie alle haben einen offenen Brief unterzeichnet, der sich an Manfred Weber richtet, den Fraktionsvorsitzenden der Europäischen Volkspartei (EVP) im Europaparlament und stellvertretenden CSU-Vorsitzenden. Als größte Fraktion im Europaparlament hat die EVP großen Einfluss darauf, ob auch bei neuen Gentechniken in Zukunft Transparenz und Wahlfreiheit gelten. Zudem stellt die EVP die Berichterstatterin des Europaparlaments, die gleichzeitig die Verhandlungsführerin im EP ist. Statt sich dem Dialog zu stellen, verweigerte Weber bisher ein Gespräch mit den Unternehmer:innen – dabei setzt alleine der konventionelle „Ohne Gentechnik“ und der Bio-Sektor zusammen über 30 Milliarden Euro jährlich um.
Die Unterzeichner:innen des Briefes lehnen die geplante Deregulierung neuer Gentechniken ab. So betont Wolfgang Ahammer von VFI Oils for Life: „Für uns als Hersteller, die sich für Lebensmittel ,Ohne Gentechnik‘ und Bio-Lebensmittel engagieren, ist es wichtig, dass dieser Status durch eine konturierte Zulassungspraxis und durch Einhaltung wichtiger marktwirtschaftlicher Prinzipien wie Transparenz auf jeder Verwendungsstufe, Beweislast des Anwendenden und Produkthaftung gesichert wird.“ Götz Rehn, Chef von Alnatura, betonte auf der Pressekonferenz, dass das geplante Gesetzesvorhaben mit einer sehr weitgehenden Deregulierung neuer Gentechnik-Pflanzen deutlich den Grundsätzen einer ausbalancierten, verantwortungsvollen und zukunftsorientierten Politik widerspräche, sowohl für die Verbraucherschaft als auch für die Natur. Es gehe um den Respekt gegenüber den Bürger:innen, um Koexistenz der unterschiedlichen Wirtschaftsformen und fairen Wettbewerb – das alles sei nicht gegeben. Über 90 Prozent der Verbraucher:innen forderten eine umfassende Risikoprüfung und die verpflichtende Kennzeichnung auch bei neuen Gentechniken. Deshalb sei eine Kennzeichnung bei Lebensmitteln zwingend erforderlich.