Nachweisverfahren für CIBUS-Raps

Wissenschaftler*innen ist es gelungen, ein Nachweisverfahren zu entwickeln, um Herbizidresistente Rapssorten der US-Firma CIBUS nachzuweisen. Das ist das erste spezifische und quantitative Nachweisverfahren für eine der beiden ersten neuen Gentechnik-Pflanzen, die in den USA und Kanada angebaut werden. Sofort nach Bekanntwerden des neuen Nachweisverfahrens wurde dies von der Gentechnik-Konzernen sowie Vertreter*innen der CDU und vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) stark kritisiert. Die Vorwürfe: Das Nachweisverfahren könne gar nicht unterscheiden, ob neue Gentechnik oder ältere Verfahren zur Erzeugung der DNA-Veränderung verwendet wurden. Deshalb sei eine gerichtsfeste Kontrolle nicht möglich und eine der Zulassungsvoraussetzungen nicht erfüllbar. Weiter wird argumentiert, dass neue Gentechnik-Verfahren bzw. deren Produkte nicht von konventionellen Züchtungen unterscheidbar seien, deshalb könnten sie auch nicht nach Gentechnik-Recht reguliert werden. Sicherung der Wahlfreiheit Zur Sicherung der gentechnikfreien Landwirtschaft ist Wahlfreiheit von Bäuerinnen und Bauern, Züchter*innen, Verarbeiter*innen, Handel und Verbraucher*innen eine Grundvoraussetzung. Ebenso Transparenz und Haftungsregelungen. Falls es zum Anbau oder Import von Gentechnik-Pflanzen kommt ist dafür eine eindeutige Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung von Rohstoffen, Lebens- und Futtermitteln und des Saatguts notwendig. Beim Nachweis müssen allerdings zwei Fälle unterschieden werden: Die Entwicklung einer spezifischen Nach­weis­methode zur Identifizierung und Quantifizierung eines GVO, die spätestens zur Zulassung zum Anbau oder Import in die EU erforderlich ist - oder Nachweisverfahren zum Erkennen nicht zugelas­se­ner neuen Gentechnik-Organismen, deren Veränderung ggf. auch nicht bekannt ist. Spezifischer Nachweis von CIBUS-ODM-Raps Nun ist es das erste Mal gelungen, tatsächlich ein Nachweisverfahren für eine neue GV-Pflanze zu entwickeln. Die CIBUS-SU-Rapssorte „Falco“ ist mit einem neuen Gentechnik-Verfahren (ODM – Oligonucleotid-gerichtete Mutagenese) entwickelt worden. Lediglich ein Basenpaar wurde verändert, dies erzeugte eine Herbizidresistenz (gegen Sulfonylharnstoff und Imidazolinon-Herbizide). Der CIBUS-Raps ist eine von 2 Pflanzen, die mit den neuen Gentechnik-Verfahren erzeugt wurden, die schon in den USA und Kanada kleinflächig angebaut werden. CIBUS hat bislang keinen Antrag auf Zulassung zum Import gestellt. Zur Entwicklung des Nachweisverfahrens haben Wissenschaftler*innen der Universität Iowa eine Standard-Labormethode (qPCR-Methode) so angewendet, dass die spezifische Veränderung des SU-CIBUS-Rapses identifiziert und der Anteil des GV-Rapses in der Probe bestimmt werden kann. Zwar war bekannt, dass es möglich ist, spezifische Nachweisverfahren für GV-Produkte zu entwickeln, deren Genomänderung bekannt ist. Jetzt ist dies aber auch praktisch umgesetzt worden. Das Verfahren kann nun als Blaupause verwendet werden, um weitere spezifische Nachweisverfahren für andere GV-Pflanzen – bei denen der veränderte DNA-Abschnitt bekannt ist - zu entwickeln. Rechtliche Anforderungen Die EU-Gentechnik-Richtlinie 2001/18 verlangt eine Analysemethode, die spezifisch ist für die spezielle genetische Veränderung am Organismus und die es ermöglicht, das neue „Ereignis“ von bisher zugelassenen zu unterscheiden. Verlangt wird nicht, dass die Nachweismethode den genauen Entstehungsprozess (also das eingesetzte Verfahren) des GVO ermittelt. Ersteres ist mit dem neuen Nachweisverfahren gelungen, es kann die spezifische Veränderung auch quantitativ nachweisen. Das Argument, die Hersteller neuer GVO könnten keine Zulassung beantragen, weil sie das gesetzlich vorgeschriebene Nachweisverfahren nicht entwickeln können, ist damit nun entkräftet. Unterscheidbarkeit Was das CIBUS-Nachweisverfahren nicht leisten kann, ist die Identifizierung oder Unterscheidbarkeit, welches Verfahren zur Erzeugung der Veränderung eingesetzt wurde. Dies war aber auch nicht Untersuchungsgegenstand. Bislang gibt es noch keine standardisierte Methode, die explizit das eingesetzte Verfahren ermittelt, mit dem eine Gentechnik-Pflanze erzeugt wurde. Das dies unmöglich sei ist aber mindestens anzuzweifeln. Denn schon jetzt ist festzuhalten, dass es bei einer Ganzgenomsequenzanalyse Hinweise im Erbgut gibt, die Rückschlüsse auf das verwendete Verfahren geben. Wahrscheinlich ist es eine Frage der Zeit – und der Forschungsinvestitionen – bis es hier entsprechende Verfahren gibt. Nachweis unbekannter GVO weiter schwierig Schwieriger ist es aktuell noch, generelle Nachweis-Methoden zu entwickeln, die aufzeigen ob in einer Probe unbekannte neue GVO´s vorhanden sind. Vergleichbare Probleme beim Nachweis gibt es auch bei der alten Gentechnik. Enthält eine Gentechnik-Pflanze beispielsweise keine der üblich bei der alten Gentechnik verwendeten Elemente (Promotoren wie der 35 S aus dem Blumenkohl-Mosaikvirus oder Stoppsignale), ist diese GV-Pflanze mit den derzeit angewendeten Methoden nicht identifizierbar. Dies haben verschiedene Kontamina­tionsfälle in den letzten Jahrzehnten gezeigt. Um bei den nicht zugelassenen GV-Pflanzen einen Überblick zu behalten, ist ein internationales Register einzuführen in dem die genetischen Eigenschaften solcher Pflanzen eingetragen werden, gerade auch um die nötigen Infor­mationen zur Entwicklung einer Nachweismethode transparent zu machen, so dass bspw. Behörden selber einen solchen Nachweis entwickeln könnten. Zudem bedarf es vermehrte Forschungsanstrengungen und Investitionen, um Nachweisverfahren für unbekannte neue GVO´s zu entwickeln. Im letzten Jahr hat die EU-Kommission dazu ein Projekt gestartet. Das Bundesamt für Naturschutz hat eine Li­teraturstudie beauftragt, zu Möglichkeiten und Grenzen des Nachweises von GVO, die mit neuen oder bisherigen Gentechniken verändert wurden. CIBUS redet sich raus In einer Stellungnahme behauptet das BVL, dass die Ursache der genetischen Veränderung des CIBUS-Rapses gar nicht das verwendete ODM-Gentechnik-Verfahren sei. Sondern während der Kultivierung von Zellen (in einer Gewebekultur) sei es zu sogenannten somaklonalen Veränderungen gekommen. Das ist interessant, weil CIBUS 2014 die Behörden verschiedener EU-Länder angefragt hat, ob das in bestimmten CIBUS-Sorten verwendete ODM-Verfahren Gentechnik sei oder nicht. Das BVL hatte das ODM-Verfahren tatsächlich zunächst nicht als Gentechnik eingestuft. Der ODM-Raps hätte unbemerkt auf Deutschen Äckern wachsen können, wenn nicht eine Klage eines Saatguterzeugers, einer Ölmühle und eines Umweltverbandes – organisiert von der AbL – eine solche Freisetzung verhindert hätte. Nach dem EuGH-Urteil 2018 revidierte das BVL seinen Bescheid und erklärte, dass der ODM-CIBUS-Raps mit neuer Gentechnik erzeugt worden sei und deshalb nach Gentechnik-Recht zu regulieren sei. Anstatt sich auf die Herstellerangaben zu berufen, müsste das BVL CIBUS spätestens jetzt auffordern, alle Informationen über die DNA-Änderungen bzw. eine Ganzgenomsequenzierung vorzulegen, um tatsächlich ermitteln zu können, wie die genetische Veränderung entstanden ist. Transparenz und Wahlfreiheit Das neue Nachweisverfahren hat gezeigt, dass spezifische PCR-Nachweisver­fahren entwickelt werden können, wenn die Veränderung an der DNA bekannt ist. Das Verfahren muss jetzt in Kontrollen eingesetzt werden, um Importe des nicht zugelassenen CIBUS-SU-Raps zu verhindern. Die EU-Kommission und die Mitgliedstaaten sind aufgefordert, intensiv an Nachweisverfahren forschen zu lassen, um auch unbekannte GVO´s detektieren zu können und die gentechnikfreie Landwirtschaft und Lebensmittelerzeugung zu sichern. Link zur Studie: https://www.mdpi.com/2304-8158/9/9/1245 Zum Artikel in der Bauernstimme_Teil 1und_Teil 2
25.09.2020
Von: Annemarie Volling, Unabhängige Bauernstimme (10/2020)