Stellungnahme der AbL zur Corona-Krise: Mengendisziplin honorieren für bäuerliche Milcherzeugung

Mit großer Sorge beobachtet die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) die
Milchpreisentwicklung. Aufgrund der Corona-Krise führen sowohl im Export als auch im Binnenmarkt
unterbrochene Lieferketten zu nachgebenden Preisen, wobei die Molkereien je nach Produktpalette
unterschiedlich stark betroffen sind. Gleichzeitig ist die erzeugte Milchmenge in Deutschland auf ein
Plus von mittlerweile 2,5 Prozent gegenüber dem Vorjahreswert gestiegen.
Aktuell beginnen einige Molkereien Initiative zu ergreifen und sie fordern ihre Mitglieder zur
Mengendisziplin auf. Die AbL begrüßt wirksame Molkerei-Aktivitäten, um auf den aktuell massiv
angespannten Märkten zügig Mengen zu reduzieren. Das ist eine notwendige und richtige Reaktion.
Bereits in der Milchkrise 2016 forderte die AbL die Molkereien auf – allen voran Deutschlands größte
Molkerei Deutsches Milchkontor (DMK) – ihrerseits Verantwortung zu übernehmen und ihre
Mitglieder über gerechte Anreize zur Mengendisziplin zu motivieren, um so schnell überschüssige
und preisverzerrende Mengen vom Markt zu bekommen. Ein Vorbild dafür war die niederländische
Molkerei Friesland Campina, deren Mitgliedern dann vom Milchpreis Geld abgezogen wurde, wenn
sie in Relation zu einem festgelegten Vergleichszeitraum überliefert haben. Das entfaltete
nachweislich eine Marktwirkung auch über die Molkerei hinaus. Die AbL fordert zudem die Bundesregierung und das Bundeslandwirtschaftsministerium auf, jetzt auf
EU-Ebene ausdrücklich darauf hinzuwirken, dass Kriseninstrumente aktiviert werden. Grundsätzlich
ist es sinnvoll festzulegen, dass Überlieferungen zu einem Vergleichszeitraum mit Abzügen belegt
werden. In der momentanen Situation wäre es jedoch besser, Mengenreduzierung auf betrieblicher
Ebene mit Aufschlägen zu honorieren und Betriebe den Umfang einer Reduktion selbst bestimmen zu
lassen. Denn die Verringerung der Kuhzahl zur Milchmengenreduzierung ist für manche Betriebe
aufgrund der Situation auf den Schlachtviehmärkten derzeit kaum möglich, weil sich dort Engpässe in
der Abnahme ergeben haben. Bei einer Mengenreduktion kann aber die vorzeitige Schlachtung von
Altkühen notwendig werden. Die anstehende Weidesaison, durch die die Milchmenge steigt, stellt
manche Milchbäuerinnen und -bauern dann vor zusätzliche Herausforderungen, ihren Beitrag zur
Mengendisziplin zu leisten. In der Krise sollten die Bäuerinnen und Bauern motiviert werden, sich solidarisch zu zeigen und
mitzumachen. In diesen Zeiten werden wir die Solidarität mehr denn je leben müssen, im Dorf, in der
Nachbarschaft, zwischen Stadt und Land. Für die Reform der EU-Agrarpolitik fordern wir, dass auch in der reformierten EU-Agrarpolitik
wirksame Kriseninstrumente installiert werden, und dass die Direktzahlungen insbesondere
bäuerliche Betriebe existenzsicher halten.