Studie: Einführung einer progressiven Grunderwerbsteuer zur Regulation des landwirtschaftlichen Bodenmarkts

Die Idee fur diese Studie entstand auf einem Landwirtschaftsbetrieb. Zwei Junglandwirte, einer kurz vor einer Hofubernahme, einer diesbezuglich gerade gescheitert, verstrickten sich in eine Diskussion über den Bodenmarkt. Beide waren bereit, sich fur die Hofubernahme in Millionenhohe zu verschulden. Beide qua Gesetz verpflichtet, in ihre Finanzierungsplane auch die Grunderwerbsteuer einzupreisen – zum selben Steuersatz, wie z.B. auserlandwirtschaftliche Investor:innen. „Liese sich nicht“, uberlegten sie, „der Gerechtigkeit halber, auch Kauf von Land, der Einkommensteuer gleich, mit einer Progression belegen? Nach dem Prinzip: Wer schon viel hat, zahlt mehr“. Die vorliegende Studie folgt dieser Idee.

Die von Prof. Dr. Antje G. I. Tölle von der Hochschule für Wirtschaft und Recht sowie Dr. Wolf-Georg Freiherr von Rechenberg und Dr. Moritz Mühling von der Kanzlei BOEGE ROHDE LUEBBEHUESEN (BRL) erarbeitete Studie versteht unter dem Begriff der progressiven Grunderwerbsteuer sowohl einen ansteigenden Steuersatz für Erwerber  mit bereits vorhandenem umfangreichem Flächeneigentum als auch Freibetragsregelungen für Erwerber ohne Flächeneigentum.

Das Instrument der progressiven Grunderwerbsteuer wird grundsätzlich als geeignet eingeschätzt, Bodenkonzentration entgegenzuwirken, da sie Erwerber mit bereits umfangreichem Flächeneigentum mit einem höheren Steuersatz konfrontiert. Dies lässt zusätzliche Landerwerbe für sie unattraktiver werden, da die Transaktionskosten steigen. Eine Freibetragsregelung für Erwerber ohne oder mit nur wenig Flächeneigentum kann diese, sowie Junglandwirte und Existenzgründer, finanziell entlasten.

Die Einführung einer Freibetragsregelung kann grundsätzlich rechtstechnisch und verfassungskonform umgesetzt werden. Die Verfassungskonformität eines progressiv ausgestalteten Steuersatzes hängt stark von dessen konkreter Ausgestaltung ab: Neben einer Reihe von Detailfragen zum allgemeinen Gleichheitssatz ist maßgebend zu beachten, dass die Grunderwerbsteuer keine „erdrosselnde“ Wirkung haben darf. Aus rein wirtschaftlicher Sicht liegt eine „erdrosselnde“ Wirkung spätestens dann vor, wenn die zu erwartende Steuer nicht mehr von der Rendite gedeckt werden kann. Im Vergleich zu anderen bodenmarktpolitischen Instrumenten wie z.B. dem Grundstückverkehrsrecht ist ein progressiver Steuersatz gleichwohl das deutlich mildere Mittel, da Landkäufe für Erwerber mit bereits umfangreichem Flä-cheneigentum nicht ordnungsrechtlich untersagt werden.

Die Gesetzgebungskompetenz bezüglich der Freibetragsregelung liegt im Bund. Gleiches gilt für die Festlegung des grundsätzlichen Mechanismus der Einführung eines progressiven Steuersatzes. Die Bestimmung des Steuersatzes selbst liegt wiederum in der Kompetenz der Länder. Im Vergleich mit anderen bodenmarktpolitischen Instrumenten hat der Bund gegenüber den Ländern beim Instrument der progressiven Grunderwerbsteuer sehr viel mehr eigenen Gestaltungsspielraum.

Um eine bedarfsgerechte Umsetzung der progressiven Grunderwerbsteuer sicherzustellen, muss die Steuerschuldnerschaft anders als bisher einzig beim Erwerber liegen. Weiterhin muss die Bemessungsgrundlage für die Bestimmung des Steuersatzes eine Posterwerbsbetrachtung des Landbesitzes sein. Zur Vermeidung einer missbräuchlichen Nutzung der Fre-betragsregelung durch Konzerne, ist diese um eine Zurechnungsnorm zu ergänzen. Weiterhin muss die Gewährung der Freibetragsregelung an eine selbstständige Nutzung und an eine Haltefrist für landwirtschaftliche Zwecke durch den Erwerber gebunden werden.

Es wird empfohlen, das Instrument der progressiven Grunderwerbsteuer bezüglich seiner Ausgestaltung und Wirkung durch einen Agrarökonomen und Bodenmarktexperten genauer untersuchen zu lassen.

  • Im AbL-Verlag können Druckexemplae der Studie bestellt werden -> hier