Fachpolitiker beim „Talk am Trecker“ der AbL

Vertreter von SPD, Linken und Grünen stellten sich der Diskussion zur Agrarpolitik

Beim „Talk am Trecker“ vorm Brandenburger Tor in Berlin stellten sich heute Fachpolitiker zentralen agrarpolitischen Fragen der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL). Um den notwendigen Umbau in Teilen der Tierhaltung zu ermöglichen, sprach sich der umweltpolitische Sprecher der SPD Matthias Miersch für die Einrichtung eines Fonds zur Förderung aller Landwirte aus, die übergesetzliche Standards in der Praxis umsetzen. Anstatt Folgekosten von Fehlentwicklungen wie regional zu hoher Nitrateinträge ins Grundwasser zu bezahlen, sollten die Gelder besser in die Vermeidung solcher Kosten gehen. Die Direktzahlungen der EU sollten bis zum Jahr 2026 abgebaut werden. Es brauche einen Paradigmenwechsel, um öffentliche Gelder zum Schutz öffentlicher Güter einzusetzen. Miersch warf Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt vom bisherigen Koalitionspartner CDU/CSU Versagen in dessen Amtszeit vor. Dabei gebe es in der Bevölkerung eine große Sensibilität für die Entwicklungen in der Landwirtschaft. „Wir müssen einen zielorientierten Diskurs organisieren und dann konkret handeln“, sagte Miersch. Die agrarpolitische Sprecherin der Linken Kirsten Tackmann forderte, den starken Preisdruck und die Übermacht der vier größten Einzelhandelsketten sowie der verarbeitenden Industrie anzugehen. In einigen Regionen hätten die landwirtschaftlichen Betriebe kaum noch Wahlmöglichkeiten beim Absatz etwa der Milch. Hiergegen müsse viel stärker kartellrechtlich vorgegangen werden. „Wir brauchen ein anderes Vertragsrecht zwischen Landwirten und Verarbeitern. Und wir müssen uns trauen, entstandene Monopole im Molkereisektor zu knacken, damit wieder Fairness einziehen kann“, fordert sie. Ablehnend äußerte sich Tackmann gegenüber einer höheren Umschichtung von EU-Direktzahlungen auf die ersten Hektar je Betrieb, denn es gebe auch gut wirtschaftende größere Betriebe. Skeptisch beurteilte sie auch eine stärkere Umschichtung in Förderprogramme der 2. Säule, weil viele Betriebe hier vor dem höheren Verwaltungsaufwand zurückschreckten. Ein klares Plädoyer für ein Ausschöpfen der Umschichtungsmöglichkeiten gab Friedrich Ostendorff, agrarpolitische Sprecher der Grünen: „Ich kämpfe Zeit meines Lebens dafür, kleineren und mittleren bäuerlichen Betrieben eine Perspektive zu geben.“ Er sei offen dafür, die Grenze für den Zahlungsaufschlag von 46 Hektar auf 60 Hektar je Betrieb zu erhöhen. Aber die höhere Umschichtung müsse kommen. „Wir müssen weg davon, dass 80 % der Gelder an nur 20 % der Betriebe gehen“, so Ostendorff. Er sprach sich dafür aus, die Agrargelder zu sichern. Der Markt allein werde die Kosten des Tier- und Umweltschutzes und die erschwerten Bedingungen in benachteiligten Gebieten nicht ausgleichen. Dafür brauche es auch in Zukunft öffentliche Gelder. Um am Milchmarkt kapitalvernichtende Krisen wie 2015/2016 zu verhindern, fordert Ostendorff Instrumente zur Vermeidung von Überschüssen. „Wir müssen den Mut haben, diejenigen, die mit starkem Mengenwachstum den Markt überstrapazieren, zur Kasse zu bitten“, sagte der Milchbauer. CDU und CSU hatten aus Termingründen eine Teilnahme an der Diskussion abgesagt. Das Forderungspapier der AbL findet sich hier. Den Talk am Trecker können Sie hier nachhören.
15.09.2017

AbL Talk am Trecker vor dem Brandenburger Tor in Berlin