EU-Milchkrise nicht nach Afrika exportieren

Bauern und kirchliche Organisation fordern Abkehr von der EU-Exportstrategie

Das Vorhaben der europäischen Molkereigenossenschaft Arla Foods, im großen Stil in die nigerianische Molkereiwirtschaft zu investieren, gefährdet den Erhalt und den dringend notwendigen Ausbau einer eigenständigen Milchwirtschaft. Nigerianische Vorhaben zur Hungerbekämpfung können durch derartige Investitionen behindert und sogar zerstört werden, kritisierten die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) und das Werk für Entwicklungszusammenarbeit Misereor am Freitag.

In den vergangenen Jahren seien die Milchpulverexporte aus der EU in afrikanische Länder südlich der Sahara um 20 Prozent gestiegen. Zudem bestehe der Trend, dass europäische Molkereien intensiv in westafrikanische Länder wie Nigeria, Ghana oder Burkina Faso investierten. „Aus Burkina Faso wissen wir, dass europäische Molkereien dort investieren und billiges EU-Milchpulver in ihrer Produktion einsetzen“, sagt Kerstin Lanje, Welthandelsreferentin bei MISEREOR. „Lokale Kleinstmolkereien können gegen die billigeren Produkte nicht bestehen, wichtige ländliche Wertschöpfungsketten werden zerstört und lokale Milcherzeuger verlieren ihre Absatzmärkte. Damit verlieren viele Familien ihr Einkommen und ihre Lebensgrundlagen. Die derzeit hohe Arbeitslosigkeit insbesondere im ländlichen aber auch städtischen Raum droht damit weiterhin zu steigen.“

„Die Molkereien vertreten nicht die Interessen der Bäuerinnen und Bauern, sondern sind an einem niedrigen Rohstoffpreis für Milch interessiert“, sagt Ottmar Ilchmann, stellvertretender Bundesvorsitzender der AbL. „Auf Kosten von Bäuerinnen und Bauern können sie im internationalen Wettbewerb um neue Absatzmärkte bestehen. Es ist schwer zu glauben, dass Molkereien wie Arla andere Interessen in den westafrikanischen Ländern haben. Statt die Probleme der europäischen Milchkrise bedingt durch überschüssige Milchmengen zu exportieren, fordern wir unsere Molkereien auf, jetzt mit einem Bonus-System die Erzeuger zu honorieren, die ihre Milchproduktion nicht ausdehnen. Dass das geht, hat die Molkerei FrieslandCampina erst jüngst bewiesen.“

Die deutsche und europäische Politik müsse Mechanismen einführen, die die Milcherzeugung am jeweiligen Bedarf der Länder ausrichten, um somit auch einen Beitrag zur Stärkung der westafrikanischen Volkswirtschaften und ihrer Arbeitsmärkte zu leisten.

Auch die afrikanischen Staaten müssten diese Mechanismen einführen, und zwar nicht nur in der Agrar-, sondern auch in der Handelspolitik. „Es ist unsinnig, durch einzelne Großinvestitionen einerseits Arbeitsplätze im städtischen Raum aufzubauen, um im Gegenzug etablierte Wertschöpfungsketten mit vielen Arbeitsplätzen, insbesondere von Frauen, zu opfern“, so Kerstin Lanje. Zudem könne durch Regulierungsmechanismen der Preisdruck auf Bäuerinnen und Bauern genommen werden - sowohl für Milcherzeugerinnen und -erzeuger in Europa als auch in Afrika.

04.03.2016
Von: Gemeinsame Pressemitteilung