EU-weite Petition: Nicht hinter unserem Rücken. Kein Freifahrtschein für neue Gentechnik

+++ Update: EU-weit wurden über 420.000 Unterschriften gesammelt! Diese wurden am 1.12.2022 an die zuständigen Ministerien (BMEL und BMUV) übergeben. Hier geht's zur Pressemeldung und Aktionsbildern. Vielen Dank an Alle, die die Petition unterstützt haben! +++

Nicht hinter unserem Rücken!

+++ Update: Es wurden über 420.000 Unterschriften gesammelt! Diese wurden am 1.12.22 an die zuständigen Ministerien übergeben. Hier geht's zur Pressemeldung und Aktionsbildern. Vielen Dank an Alle, die die Petition unterstützt haben! +++

Kein Freifahrtschein für neue Gentechnik in unserem Essen!

Eine starke Lobby von einigen Konzernen, Technik- und Wissenschaftsvereinigungen setzt sich dafür ein, neue Gentechnikverfahren von der Regulierung nach EU-Gentechnikrecht auszunehmen. Das würde dazu führen, dass Gentechnisch veränderte Organismen (GVO) ohne unabhängige Risikoprüfung und Kennzeichnungspflicht auf den Saatgut- und Lebensmittelmarkt kommen. Eine gentechnisch veränderte Tomate könnte dann nicht mehr von herkömmlich gezüchteten unterschieden werden.

Seit Jahren wird die Zulassung und Kennzeichnung von GVO in der Europäischen Union nach dem Vorsorgeprinzip geregelt: Nur zugelassene GVOs dürfen auf den Markt, nachdem sie auf ihre Risiken geprüft wurden. Sie müssen gekennzeichnet und rückverfolgbar sein. Das will die Europäische Kommission jetzt für neue Gentechniken aufweichen.

Nicht mit uns! Über 80 Prozent der Bürger*innen der EU wollen auch in Zukunft wissen, ob in ihrem Essen Gentechnik ist und sie wollen eine Risikoprüfung von GVO Produkten. Bäuer*innen fordern das Recht, weiterhin selbstbestimmt gentechnikfrei erzeugen zu können. Eine Deregulierung neuer Gentechniken wäre ein Frontalangriff auf unsere Wahlfreiheit und demokratische Selbstbestimmung darüber, was wir züchten, anbauen und essen.

Neue Gentechnik-Methoden, insbesondere die CRISPR/Cas Technologie, zur Veränderung von Pflanzen, Tieren und Mikroorganismen bergen auch neue und unabschätzbare Risiken. Der oberste Gerichtshof der EU hat deshalb 2018 festgestellt: Auch neue Gentechnik ist Gentechnik und ist als solche zu regulieren.

Jetzt werden in Brüssel die Weichen gestellt. Deshalb fordern wir die Verantwortlichen in der Politik, insbesondere Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir und Bundesumweltministerin Steffi Lemke auf, sich für die Beibehaltung der Regulierung auch der neuen Gentechniken einzusetzen. Das umfasst: Kennzeichnung, Risikoprüfung, Zulassung, Rückverfolgbarkeit, Transparenz, Monitoring und Haftung.

 

Wir fordern:

  • Auch neue gentechnisch veränderte Organismen (GVO) müssen so gekennzeichnet werden, dass Verbraucher*innen, Bäuer*innen, Züchtung, Handel und Verarbeitung sie jederzeit erkennen und vermeiden können.
  • Auch neue GVO müssen weiterhin entsprechend dem EU-Vorsorgeprinzip einer Risikoprüfung und -bewertung unterzogen werden.
  • Rückverfolgbarkeit und Nachweisverfahren müssen eine Zulassungsvoraussetzung für GVO bleiben, ebenso die Rückholbarkeit. Wer GVO auf den Markt bringt, muss für Risiken und Folgeschäden haften.
  • EU, Bund und Länder müssen mehr Forschung zu Umwelt-, Biodiversitäts- und Gesundheitsrisiken neuer GVO, zu ihren sozio-ökonomischen Auswirkungen sowie zur Entwicklung genereller Nachweisverfahren fördern.
  • Um eine vielfältige, klimafreundliche und sozial gerechte ökologische und bäuerliche Landwirtschaft voranzubringen, sollten vor allem Forschung und Weiterentwicklung von bewährten und wirksamen gentechnikfreien agrarökologischen Methoden gefördert werden.  

 

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Hintergrundinformationen zu den Deregulierungsplänen der EU-Kommission zu neuen Gentechniken: 

Im September 2021 hat die EU-Kommission ein Verfahren gestartet, um das Gentechnikgesetz aufzuweichen. Kommt das durch, würden ein Großteil der zu erwartenden neuen Gentechnik-Pflanzen dann nicht mehr nach dem derzeit geltenden Gentechnikgesetz reguliert werden. Das würde dem in der EU geltenden Vorsorgeprinzip widersprechen. Bäuerinnen und Bauern könnten die Gentechnikfreiheit ihrer konventionellen oder ökologischen Produkte nicht mehr sicherstellen, genauso wenig wie die Lebensmittelverarbeitungsunternehmen oder der Handel. Verbraucher:innen hätten keine Wahlfreiheit mehr.

Ende Juli 2022 wurden detailliertere Gentechnik-Deregulierungspläne der EU-Kommission bekannt, die aus Sicht der AbL ziemlich brisant sind. Werden sie umgesetzt würden dies zu einer kompletten Deregulierung bestimmter neuer Gentechnik-Verfahren führen. Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) e.V. hat diese aus bäuerlicher Perspektive in einer Pressemeldung bewertet und eine detallierte Analyse verfasst.

Eine zweite öffentliche Konsultation der EU-Kommission fand bis zum 22. Juli 2022 statt. Eine erste Bewertung dazu findet sich in unserer Pressemitteilung vom 6.5.22: "Das Recht auf gentechnikfreie Lebensmittelerzeugung darf nicht gekippt werden!"

Bereits im Herbst 2021 fand eine erste öffentliche EU-weite Konsultation zu neuen Gentechniken statt. Damals haben sich über 70.000 Organisationen und Personen daran beteiligt und eine kurze Stellungnahme an die EU-Kommission geschrieben. Die Stellungnahme der AbL findet sich hier.  

Eine Analyse der Argumente und Hintergründe zum Vorgehen der EU-Kommission findet sich im Artikel: EU-Kommission als Türöffner für Gentechnikkonzerne. Vorsorge und Gentechnikfreiheit bedroht. Erschienen in der Unabhängigen Bauernstimme.

In der Broschüre "CRISPR & Co. Neue Gentechnik - Regulierung oder Freifahrtschein?" wird aus verschiedenen Perspektiven (Züchtung, Landwirtschaft, Verarbeitung, Verbraucherschutz, Ethik, Recht und Wissenschaft) die Thematik der neuen Gentechnik-Verfahren und ihre mögliche Deregulierung beleuchtet und dargestellt, was das für die Betroffenen bedeuten würde.

Link zu aktuellen Hintergründen zur Gentechnik

Gemeinsames Positionspapier „Gentechnik auch in Zukunft strikt regulieren!“, unterzeichnet von 95 Verbänden und Organisationen

Eine Liste der mitmachenden Organisationen findet sich hier.

 

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