Agrarpolitik ist nicht Sache der Agrarindustrie
„Noch ist keine einzige Entscheidung über die aktuelle Reform der EU-Agrarpolitik gefallen. Alles ist noch drin“, sagt Maria Heubuch, Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), zum Auftakt der Grünen Woche. „Europa hat die Chance, die Steuergelder verbindlich an Umwelt- und Tierschutzleistungen zu binden. Wir können die Gelder gerechter einsetzen und die Benachteiligung bäuerlich wirtschaftender Betriebe beenden. Wir können die Regeln für die Agrarmärkte so ausrichten, dass Bauern und Verbraucher nicht von Molkerei-, Fleisch- oder Handelskonzernen über den Tisch gezogen werden, sondern wirksame Marktmacht aufbauen können. Wir können Europas Land- und Ernährungswirtschaften so ausrichten, dass unser Wirtschaften hier die Lebens- und Wirtschaftsbedingungen der Menschen in Entwicklungsländern nicht behindert, sondern verbessert“, so Heubuch.
„Die Reform-Angebote der EU-Kommission bieten für eine solche agrarpolitische Neuausrichtung Europas eine gute Grundlage. Die gilt es zu nutzen und auszubauen“, fordert der AbL-Bundesvorsitzende Bernd Voß heute in Berlin. „Die EU-Kommission hat einige unserer Vorschläge aufgegriffen. Die Direktzahlungen der EU sollen nicht länger diejenigen Bauern benachteiligen, die eine vernünftige Fruchtfolge einhalten, Wiesen und Weiden erhalten und wenigstens auf einem Teil ihrer Flächen etwas für den Erhalt von Feldlerche, Kiebitz oder Bienen tun. Und die Kommission will nicht länger einige wenige große Profiteure zu Reichtum verhelfen, sondern die Zahlungen staffeln und dabei Betriebe mit relativ viel Arbeit positiv berücksichtigen“, erläutert Voß. „Das sind gute Ansätze, die jedoch von der Bundesregierung unter Bundeskanzlerin Angela Merkel bisher in den zentralen Punkten torpediert werden. Wir fordern die Kanzlerin auf, den EU-Gipfel Anfang Februar für einen agrarpolitischen Kurswechsel zu nutzen. Auf diesem Gipfel steht auch die Agrarpolitik auf der Tagesordnung. Das Greening muss verbindlich und wirksam erfolgen und für die Zahlungen müssen die gestaffelten Obergrenzen unter Berücksichtigung der Arbeit kommen“, so Voß.
Um diesen Forderungen öffentlich weiteren Nachdruck zu verleihen, ruft die AbL gemeinsam mit vielen anderen Verbänden und Organisationen zu einer Demonstration am kommenden Samstag in Berlin unter dem Motto „Wir haben Agrarindustrie satt“ auf. Die ersten Trecker starten morgen ihre Fahrt nach Berlin.
„Es kommen nun die Monate der Entscheidungen. Von besonderer Bedeutung ist dabei, wie die Abgeordneten des Europäischen Parlaments Ende Januar und Mitte März abstimmen. Auch hier rufen wir alle Einzelpersonen, Gruppen und Verbände auf, in der Zielgeraden die gewählten Volksvertreter und Vertreterinnen anzusprechen und in die Pflicht zu nehmen“, so Maria Heubuch. „Agrarpolitik ist nicht Sache der Agrarindustrie, sondern sie muss der gesamten Gesellschaft Nutzen stiften“, schließt Bernd Voß.