Gute Grundlage zur EU-Agrarreform
Am morgigen Mittwoch, 12.10.2011, will die EU-Kommission ihre Gesetzgebungsvorschläge zur EU-Agrarpolitik der Jahre 2014 bis 2020 vorlegen. „EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos hat so stark wie bisher kein Kommissar vor ihm zentrale Forderungen der AbL und der gesellschaftlichen Bündnisse in Deutschland und Europa aufgegriffen. Das gilt vor allem für die Bindung der Brüsseler Direktzahlungen an ökologische Standards und an Arbeitskräfte. Herr Ciolos geht zurecht davon aus, dass die Agrarpolitik auf die Zivilgesellschaft als Bündnispartner angewiesen ist, um die gesellschaftliche Akzeptanz zu bekommen“, kommentiert der AbL-Bundesvorsitzende Friedrich Wilhelm Graefe zu Baringdorf.
Gleichzeitig kritisiert der AbL-Vorsitzende die Detail-Ausgestaltung der Vorschläge: „In der konkreten Ausformung sind die Vorschläge zu zaghaft. Hier zeigt sich, wie groß und einflussreich die Widerstände der bisherigen Profiteure sind, die sich seit Jahren gegen den grundlegenden Umbau der Agrarpolitik stellen. Auch Kanzlerin Merkel und Ministerin Aigner sowie der deutsche EU-Energiekommissars Günther Oettinger haben alles versucht, um die
Reform auszubremsen, und sie arbeiten weiter daran. Sie sprechen sich strikt gegen die Berücksichtung der Arbeit bei den Zahlungen aus und sie beharren darauf, die ökologische Konditionierung der Gelder nicht obligatorisch einzuführen, sondern über die freiwilligen Maßnahmen der zweiten Säule abzuwickeln. Das stellt das Ganze in die Beliebigkeit der Mitgliedstaaten und zerstört die finanzielle und konzeptionelle Eigenständigkeit der 2. Säule“,
so Graefe zu Baringdorf: „Gut, dass der Agrarkommissar gegengehalten hat. Die Eigenständigkeit der 2. Säule hat für die Stärkung der bäuerlichen Landwirtschaft große Bedeutung. Dafür braucht es allerdings bei der Investitionsförderung eine klare Abkehr von der Förderung einer auf Billigexporte ausgerichteten agrarindustriellen Produktion.“
Die AbL-Bundesvorsitzende Maria Heubuch betont die Bedeutung des Vorschlags, bei den Direktzahlungen Grenzen einzuziehen und dabei den Faktor Arbeit zu berücksichtigen. „Nie zuvor ist der Faktor Arbeit so deutlich in einen Gesetzesvorschlag der Kommission aufgenommen worden. Das ist ein großer Erfolg. Allerdings sind die Grenzen mit 150.000 bzw. 300.000 Euro, bei denen die Staffelung bzw. die Obergrenze einsetzen soll, zu hoch angesetzt. Damit bleibt die Regelung in vielen Bundesländern und auch Mitgliedstaaten der
EU so gut wie wirkungslos. Zum anderen ist es falsch, bei den von der Obergrenze betroffenen Betrieben die vollen Lohnkosten der Betriebe kürzungsmindernd anzurechnen. Das führt dazu, dass in solchen Betrieben die Lohnkosten zu 100 Prozent von der EU bezahlt werden. Landwirtschaft ist aber Wirtschaft, das muss auch für rationalisierte Großbetriebe gelten“, so Heubuch.
„Wir fordern umso mehr, dass den Mitgliedstaaten ermöglicht wird, die Arbeitskraft auch unterhalb von Staffel- bzw. Obergrenzen zu einem bestimmenden Faktor der Zahlungen heranzuziehen. Dass das geht, zeigen die
Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften, die die Beiträge der Betriebe zur
Unfallversicherung bereits über den Arbeitszeitbedarf berechnen. Die AbL hat einen entsprechenden Vorschlag für die GAP-Reform vorgelegt“, ergänzt Heubuch.
Greening wirksam ausgestalten
Beim Greening kritisiert die AbL vor allem die mangelhaften Vorgaben zur Fruchtfolge. „Wenn in einer Fruchtfolge eine Frucht 70 Prozent der Ackerfläche im Betrieb ausmachen kann, ist der Fruchtwechsel ausgehebelt. Wir brauchen die Grenze von maximal 50 Prozent für eine Frucht, damit sich Mais-Monokultur nicht mehr rechnet“, erläutert Graefe zu Baringdorf. „In der Fruchtfolge manifestiert sich die ökologische Qualität eines Systems. Dazu muss zwingend auch ein Mindestanteil an Eiweißpflanzen aufgenommen werden. Das
gebietet der Klimaschutz und der Aufbau einer europäischen Eiweißstrategie. Es ist aber auch existenziell, um den erforderlichen Umstieg von der ölgesteuerten Produktion zur solargestützten Landwirtschaft zu schaffen“, so der AbL-Vorsitzende.
Als weiteren Bestandteil des notwendigen ökologischen Systemwechsels bezeichnet die AbL den Vorschlag der EU-Kommission, auf einem Mindestanteil von 7 Prozent der Ackerfläche die Nutzung so auszurichten, dass damit klare Vorteile für den Schutz der Biologischen Vielfalt und der Umwelt verbunden sind. „Hier geht es gerade nicht um Flächenstilllegung oder darum, Flächen aus der Erzeugung von Lebensmitteln zu nehmen. Es geht darum, die Nutzung so zu gestalten, dass mit der Art der Erzeugung positive Effekte für Natur und
Umwelt erreicht werden“, stellt die AbL-Vorsitzende Maria Heubuch klar. Auch die dritte Greening-Anforderung, das Dauergrünland (Wiesen und Weiden) im Betrieb zu erhalten, wird von der AbL unterstützt. „Der Schwachpunkt dabei besteht darin, dass das Referenzjahr mit 2014 in die Zukunft gelegt wird. Hier sind die Mitgliedstaaten und die Bundesländer in der Verantwortung, die bestehenden Instrumente zu nutzen, um den Umbruch von Grünland im Vorgriff auf das Jahr 2014 zu verhindern“, fordert Heubuch.
Öffentlicher Druck erforderlich
Die AbL fordert die Öffentlichkeit auf, den weiteren Prozess der EU-Agrarreform wachsam und aktiv zu begleiten. „Mit der Kampagne www.Meine-Landwirtschaft.de schafft ein breites gesellschaftliches Bündnis viele Gelegenheiten, um sich einzumischen. Jede Bürgerin und jeder Bürger kann und sollte sich einbringen. Agrarpolitik ist Gesellschaftspolitik“, formuliert die AbL-Vorsitzende Maria Heubuch.
Kontakt:
Maria Heubuch,Tel.: 07561-5937
Friedrich Wilhelm Graefe zu Baringdorf, mobil: 0171-3627711