Oettinger und Sonnleitner auf Industrie-Kurs
In Brüssel wird innerhalb der EU-Kommission derzeit heftig um die Ausrichtung der anstehenden Reform der EU-Agrarpolitik gerungen. Nach Informationen der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) stellt sich der von der Bundesregierung entsandte EU-Kommissar für Energie und frühere Ministerpräsident von Baden-Württemberg Günther Oettinger gegen zentrale Reform-Vorschläge des Agrarkommissars Dacian Ciolos.
Der Agrarkommissar hatte in seinen Vorschlägen Forderungen eines breiten gesellschaftlichen Bündnisses aufgegriffen, an denen die AbL intensiv mitarbeitet hat. „Um diese Vorschläge wieder zurückzudrehen, setzt der Deutsche Bauernverband(DBV) in Brüssel auf den Energie-Kommissar Oettinger und begründet das damit, dass die Bauern zur die Energiewende Biomasse für die Energieerzeugung erzeugen müssten. Da sei kein Spielraum für eine Ökologisierung der landwirtschaftlichen Erzeugung, die der Agrarkommissar Ciolos mit der Verpflichtung zu einer Mindestfruchtfolge, zum Erhalt von Dauergrünland und mit dem Nachweis von besonders umweltverträglich genutzten Flächenanteilen einleiten will“, kommentiert der AbL-Vorsitzende Friedrich Wilhelm Graefe zu Baringdorf.
„Herr Oettinger war als Ministerpräsident einer der Antreiber für die Verlängerung der Laufzeit für Atomkraftwerke. Er vertrat damit die Interessen der Energie-Konzerne. Das führt er jetzt fort, indem er die Bauern zu Rohstoff-Lieferanten der Energiewirtschaft machen will. Er will uns Bauern den Interessen der Industrie unterordnen und wird dabei vom Bauernverband noch angetrieben. Wir sprechen uns ausdrücklich dafür aus, dass die Brüsseler Direktzahlungen direkt daran gebunden werden, dass wir Bauern eine vernünftige Fruchtfolge einhalten. Mais nach Mais nach Mais, um immer größere Biogasanlagen zu bedienen, ist keine gute fachliche Praxis. Das darf nicht mehr mit Brüsseler Geldern auch noch gefördert werden“, so AbL-Vorsitzende Maria Heubuch, deren Familie selbst eine kleine Biogasanlageauf Güllebasis betreibt.
„Der Bauernverband hat einen Knick in seiner Argumentation“, fügt Graefe zu Baringdorf hinzu. „Er tut so, als liefere eine Landwirtschaft mehr Energie,wenn sie auf die Einhaltung notwendiger ökologischer Standards verzichtet. Das trifft aber nicht zu, denn die ölgesteuerte Agrarwirtschaft, die der Bauernverband verteidigt, ist u.a. mit seinem Düngereinsatz äußerst energieintensiv. Wir haben als Landwirtschaft gar keine andere Chance, als hinzukommen zu einer solargestützten Landwirtschaft, das heißt vor allem, dass wir die Leguminosen als natürliche Stickstoff- und Humus-Mehrer wieder in unsere Fruchtfolge einbeziehen. Wenn wir diese heimischen Eiweißpflanzen alle fünf Jahre auf unseren Feldern anbauen, verzichten wir nicht etwa auf Energiepotenziale, sondern sparen mehr Energie ein als durch ölgesteuerte Produktion von Biomasse an Energie nachhaltig erzeugt werden kann“, so der AbL-Vorsitzende.