Wir haben ein Recht auf gentechnikfreies Ackern und Ernten!

Kommentar Annemarie Volling, AbL e.V.

Der aktuell von der EU-Kommission vorgelegte Verordnungsentwurf der EU-Kommission sieht eine nahezu komplette Deregulierung neuer Gentechnik-Pflanzen vor – und befriedigt damit die Interessen der Gentechnik-Industrie und deren Forscher:innen. Eine gentechnikfreie Erzeugung – ökologisch und konventionell – lässt er im Regen stehen – bzw. auf sie sollen alle Bürden und Folgekosten abgewälzt werden bei gleichzeitigem Abschaffen aller Schutzmöglichkeiten vor Kontaminationen. Deshalb sind wir jetzt alle gefragt, Aufzustehen und unser Recht auf Gentechnikfreiheit einzufordern. Am Zuge sind die Bundes­regierung und das EU-Parlament, mit den bevorstehenden Europawahlen. Es gilt wieder aktiv zu wer­den, vor Ort bei den Berufskolleg:innen und in Gesprä­chen mit oder in Briefen an die verantwort­li­chen Politiker:innen und Ministerien. Per Ackerschild, mittels Postkarten und Petitionen und im Supermarkt.

Wir haben viel zu verteidigen: Das EU-Vorsorge- und Verursacher:innenprinzip, das Recht auf Wissen, wie unser Saatgut, unsere Produkte oder Rohstoffe erzeugt wurden, das Recht sich gegen Gentechnik auf dem Teller zu entscheiden, unsere Ernährungssouveränität, eine noch breite und vielfältige Züchterlandschaft in der EU, konzernfreies Saatgut und Essen, unsere Unabhängigkeit und unsere hart erarbeiteten, zum Teil mit hohen Investitionen verbundenen gentechnikfreien Märkte und damit unseren Wettbewerbsvorteil samt Kund:innen-Vertrauen in unsere Erzeugnisse.

Wer Produkte auf den Markt bringen will, muss dafür auch die Verantwortung übernehmen. Wenn die Gentechnik-Produkte trotz aller Versprechen der Industrie und ihrer Wissenschaftler:innen doch zu Schäden in der Umwelt, für die Gesundheit oder am Markt für uns Bäuer:innen führen, müssen die Verursacher:innen dafür auch zur Haftung gezogen werden. Dafür braucht es Kennzeichnungspflicht entlang der gesamten Kette und verpflichtende Nachweisverfahren, auch um eine Rückverfolgbarkeit und Rückholbarkeit zu ermöglichen. Es braucht verpflichtende Koexistenzregeln, die Kontaminationen in der Lieferkette sicher verhindern. Notwendig ist die Stärkung des Vorsorgeprinzip und die Risiko­prüfung jedes GVO. Das Patentierungsverbot von konventionellen Züchtungen ist durchzusetzen und muss auf die neuen Gentechniken erweitert werden – bevor solche Patente erteilt werden und Fakten geschaffen werden. Saatgut und unsere Lebensmittelerzeugung sind ein hohes Gut – sie müssen gentechnik- und patentfrei bleiben! Es ist auch unsere Verantwortung, den inakzeptablen Gesetzesentwurf zurückzuweisen. Packen wir es gemeinsam an!

Annemarie Volling, Gentechnik-Expertin der AbL e.V., Kommentar Bauernstimme Okt 2023