Die aktuelle polnische Ratspräsidentschaft galt eigentlich als gentechnikkritisch. Nun hat sie innerhalb von 6 Wochen drei Vorschläge zum sehr strittigen Gesetzesvorschlag der EU-Kommission zu neuen Gentechniken (NGT) gemacht, anscheinend um eine Einigung im EU-Rat zu erzielen. Allerdings adressieren die polnischen Vorschläge lediglich die Patentproblematik, tatsächlich ein großer Knackpunkt für viele Regierungen und auch für das Europaparlament. Schon der erste Patente-Vorschlag zeigte keine wirksamen Lösungen, der dritte ist nach Bewertung der AbL noch viel schwächer. In der vorgesehenen Datenbank von NGT-Pflanzen der Kategorie 1 soll der Patentstatus „nach besten Wissen und Gewissen“ eingetragen werden und mögliche freiwillige „gerechte“ Lizenzerklärungen. Was gerecht sein soll, bleibt offen. Solche Informationen erhöhen vielleicht die Transparenz, einen wirksamen Schutz, um die Patentierung und deren negativen Folgeprobleme zu stoppen, bieten sie nicht. Zu kritisieren ist auch, dass Polen keinerlei andere Änderungsvorschläge zum kritischen Gesetzentwurf, der die nahezu komplette Deregulierung aller NGT-Pflanzen vorsieht, macht - trotz Aufforderung der Mitgliedstaaten.
Hoher Druck
Damit treibt Polen die Positionierung des EU-Rates stark voran und übt hohen Druck aus. Eine zunächst geplante Probeabstimmung der Attachés (beamteten Vertretern der Mitgliedstaaten) wurde kurzfristig abgesagt, weil einige Mitgliedstaaten Prüfvorbehalte anmeldeten. Zudem hat wohl der belgische Beamte nicht die zuvor abgestimmte Regierungsmeinung vertreten, was zu Irritationen führte. Im schlechtesten Fall könnten mehrere Mitgliedstaaten in naher Zukunft ihre bisher ablehnende oder enthaltende Position aufgeben. So könnte es zu einer Positionierung des EU-Rates kommen - ohne maßgebliche Verbesserungen am stark kritisierten Gesetzesvorschlag. Damit würde der Trilog beginnen, also die Einigung aller drei Organe (Europaparlament, EU-Rat und EU-Kommission) auf einen Gesetzesvorschlag, dem dann nochmal von Rat und Parlament zugestimmt werden muss. Die AbL fordert den EU-Rat und das Europaparlament auf, diesen Gesetzesvorschlag abzulehnen, da er bäuerliche und gentechnikfreie Wettbewerbsvorteile zerstören würde, die Gentechnik-Anwender bisher nicht für entstehende Schäden haften müssen und das EU-Vorsorgeprinzip torpediert würde.
Bewertung des 1. polnischen Vorschlags vom 7.01.2025_hier
Bewertung des 2. polnischen Vorschlags vom 6.02.2025_hier
Bewertung des 3. polnischen Vorschlags vom 19.02.2025_hier
Autorin: Annemarie Volling, AbL-Gentechnik-Referentin