EU Agrarminister setzen mehrheitlich falsche Prioritäten

AbL zur gestrigen Sitzung des EU-Agrarrates

Der EU-Agrarrat hat bei seiner gestrigen Sitzung ein Papier der belgischen Ratspräsidentschaft mit „Schlussfolgerungen zur Zukunft der Landwirtschaft in der EU“ debattiert. Aufgrund der fehlenden Zustimmung Rumäniens wurden die Schlussfolgerungen der endenden belgischen Präsidentschaft letztlich nur als „Schlussfolgerungen des Vorsitzes“ veröffentlicht. Der Schwerpunkt des Dokumentes liegt dabei klar auf einer weiteren Intensivierung der Produktion und den Ausbau der globalen „Wettbewerbsfähigkeit“.

Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) e.V. kritisiert diese offenkundige Prioritäten-Verschiebung innerhalb der Europäischen Agrarpolitik, weg vom gesellschaftlich gewollten und notwendigen ökologischen und sozialen Wandel unserer Ernährungssysteme hin zur Intensivierung der Landwirtschaft scharf. Gleiches gilt für die offenbar erfolgte Zustimmung zum Papier durch Bundesminister Özdemir. Diese passt keineswegs zu dem regelmäßig vom Minister selbst ausgegebenen Ziel, dass die Vereinfachung der Agrarpolitik nicht mit einer Absenkung der ökologischen Wirksamkeit einhergehen dürfe.

Ottmar Ilchmann, AbL Sprecher für Agrarpolitik:

„Der Umbau der Landwirtschaft hin zu mehr Klima-, Arten- und Tierschutz sowie einer fairen Entlohnung von Bäuerinnen und Bauern ist kein Selbstzweck, sondern Grundlange für eine zukunftsfähige Landwirtschaft mit vielen und vielfältigen landwirtschaftlichen Betrieben. Das rückwärtsgewandte Streben nach Kostenführerschaft auf dem Weltmarkt und die damit verbundene Produktionsintensivierung führt letztlich zu sinkenden Erzeugerpreisen, von denen vor allem die Agrar- und Ernährungsindustrie profitiert. Auf so eine „Wettbewerbsfähigkeit“ können wir verzichten. Was wir Bäuerinnen und Bauern stattdessen brauchen sind gerechte Marktregeln, die es uns ermöglichen, mit dem Handel und der Verarbeitung auf Augenhöhe zu verhandeln und einen konkreten ambitionierten Fahrplan für die Ökologisierung der GAP, auf den wir uns einstellen können.“

Weitere Hintergrundinfos

  • Das Agrarrat-Papier kann hier auf Englisch heruntergeladen werden.
  • Konkrete Handlungsempfehlungen für die Zukunft der Landwirtschaft in der EU legt das Positionspapier der Verbändeplattform zur GAP nach 2027 „Zukunft gestalten: Gemeinsam für eine krisenfeste, ökologischere und gerechte Landwirtschaft und Agrarpolitik - Ziele, Forderungen und Vorschläge der Verbände-Plattform für die GAP-Reform nach 2027 und Schritte des Übergangs“ vor (hier).
  • Das Agrarrat-Papier benennt die Notwendigkeit, mittel- und langfristig Lösungen für die Herausforderungen der Bäuerinnen und Bauern zu finden, nachdem die im Schnellverfahren vorgenommenen GAP-Änderungen hierfür keine ausreichenden Antworten bieten. Es bescheinigt der Ernährungssicherheit ein „zentrales strategisches Interesse“ der EU angesichts diverser u.a. geopolitischer Krisen. Durch eine überproportionale Priorisierung von Wettbewerbsfähigkeit, wie sie den von 25 EU-Staaten unterstützten Schlussfolgerungen der belgischen Ratspräsidentschaft und leider auch dem Arbeitsprogramm der kommenden ungarischen Ratspräsidentschaft zu entnehmen ist, werden die vielen sozialen und ökologischen Krisen und Herausforderungen leider gegeneinander ausgespielt. Ernährungssicherheit wird aber eher über kurze und regionale Vermarktungswege erreicht, da diese besonders krisenfest sind und daher angestrebt werden sollten, anstatt auf den globalen Agrarhandel zu setzen.
  • Das Papier enthält auch positive Aspekte, wie die Empfehlung einer für Bäuerinnen und Bauern einkommenswirksamen Entlohnung ihrer öffentlichen Leistungen, was jedoch erst ganz am Ende erwähnt wird. Auch die geforderte bessere Unterstützung von Junglandwirt*innen ist zu begrüßen, sie wird nur leider erst als vorletztes Kapitel aufgeführt. Die Notwendigkeit für ein gerechtes Einkommen durch eine Verbesserung der Position von Bäuerinnen und Bauern innerhalb der Lieferkette wird ebenfalls benannt, ohne jedoch konkrete wirksame Schritte zu benennen. Leider wird auch eine Offenheit für Innovation wie Biotechnologie geäußert, ohne bspw. die Notwendigkeit für agrarökologische Innovationen zu benennen.
  • Bedauerlicherweise fand die Beratung zu diesen Schlussfolgerungen zur Zukunft der Landwirtschaft der EU als nicht-öffentlicher Punkt der Agrarrat-Sitzung statt.

 

25.06.2024