Studie: Einführung einer progressiven Grunderwerbsteuer zur Regulation des landwirtschaftlichen Bodenmarkts - Einzelfragen zur Umsetzung einer Freibetragsregelung

Zwei Junglandwirte erdachten im Jahr 2021 in der Betriebsküche eines Hofes im östlichen Brandenburg die progressive Grunderwerbsteuer. Der Grundgedanke dieses Konzeptes ist ebenso simpel wie wirksam. Wäre der Grunderwerbsteuersatz beim Kauf von Agrarflächen nicht mehr einheitlich, sondern abhängig vom bereits bestehenden Flächenbesitz, würden landwirtschaftliche Nutzflächen für Akteure ohne oder mit wenig Landeigentum günstiger. Für Akteure mit umfangreichem Landeigentum dagegen verteuerte sich der Kauf weiterer Flächen zunehmend. In Zeiten von steigenden Kauf- und Pachtpreisen, zunehmenden Aktivitäten außerlandwirtschaftlicher Investoren auf dem Bodenmarkt und der offenkundigen Schwerfälligkeit von Politik auf diese Entwicklungen durch Agrarstrukturgesetze zu reagieren, kann die Umsetzung einer progressiven Grunderwerbsteuer damit einen konkreten Beitrag zum gesellschaftlichen Ziel einer breiten Streuung von landwirtschaftlichem Grund und Boden und einer vielfältigen Agrarstruktur leisten.

Im Jahr 2022 veröffentlichte die AbL eine erste Studie zur rechtstechnischen Umsetzbarkeit einer progressiven Grunderwerbsteuer. In den anschließenden Debatten mit Vertretern aus Politik, Verbänden und Praxis wurde über Parteigrenzen hinweg deutlich, dass sich insbesondere eine Vergünstigung des Landkaufs für Existenzgründer sowie Betriebe ohne oder mit wenig Landeigentum (Freibetragsregelung) einer großen Zustimmung erfreut. Eine Freibetragsregelung ist zudem vergleichsweise einfach umsetzbar, da das Grunderwerbsteuergesetz entsprechende Regelungen bereits enthält. Überdies ergaben sich weitere rechtliche und politische Fragestellungen zur konkreten Ausgestaltung und Umsetzung, welche mit der nun vorgelegten zweiten Studie aufgegriffen und bearbeitet werden.

Aus Sicht der AbL zeigen die Erkenntnisse der nun vorgelegten zweiten Studie zu Einzelfragen zur Umsetzung einer Freibetragsregelung, dass die durch einen Freibetrag zu erwartenden Steuerverluste gemessen am Gesamtvolumen der Grunderwerbsteuer voraussichtlich  marginal ausfallen. Dagegen sind mit sehr großer wahrscheinlich positive Effekte für den Bodenmarkt und die Agrarstruktur zu erwarten. In Summe lässt sich die Einführung einer Freibetragsregelung aus Sicht der AbL damit auch ohne eine Gegenfinanzierung sehr gut rechtfertigen. Dies gilt umso mehr, da die Studie auch zeigt, dass bei ausreichendem politischem Willen gleich mehrere Möglichkeiten bestehen, die Steuerverluste zu kompensieren. Gleiches gilt für die Umsetzung von Regelungen gegen eine missbräuchliche Nutzung.

Für eine zielgenaue Ausgestaltung wäre es überdies hilfreich, wenn die mit der Grunderwerbsteuer befassten Behörden Kenntnis über den bestehenden Landbesitz eines Käufers von Agrarflächen hätten. Diese Daten werden zwar bereits erhoben (z.B. für die Ermittlung der Grundsteuer), werden aber weder gebündelt noch sind sie öffentlich oder behördlich  zugänglich. Gleiches gilt für die separate Ermittlung und Ausweisung des Grunderwerbsteueraufkommens für landwirtschaftliche Nutzflächen in den meisten Bundesländern.

Die AbL ist davon überzeugt: die Erkenntnisse der vorliegenden Studie zeigen, dass eine Freibetragsregelung im Grunderwerbsteuergesetz politisch und rechtlich möglich ist. Eine Umsetzung wäre zudem eine zielführende Ergänzung des bereits vorhandenen Instruments der Agrarstrukturgesetzen zur Regulation des landwirtschaftlichen Bodenmarktes. Die politisch Verantwortlichen im Bund und den Bundesländern sind aufgefordert, eine Freibetragsregelung im Grunderwerbsteuergesetz nun anzupacken.

  • Im AbL-Verlag können Druckexemplae der Studie bestellt werden -> hier